„unschwäbisch-pompös“: Meine erste Ausstellung

Als Volontärin im Landesmuseum Württemberg arbeite ich an verschiedensten Projekten mit und lerne die vielfältigen Aufgabengebiete im Museum kennen. Zu den zentralen Aufgaben der wissenschaftlichen Fachabteilungen gehören das Kuratieren und Planen von Ausstellungen.

Im Februar erfuhr ich erstmals, dass ich anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des damals neu erbauten Stuttgarter Landesgewerbemuseums eine Ausstellung kuratieren darf. Diese Planung geschah in Kooperation mit dem Haus der Wirtschaft, wie das Gebäude heute heißt. Das Haus wurde 1896 fertiggestellt und beherbergte als Landesgewerbemuseum bis in die 1960er Jahre viele Sammlungen, die sich  heute teilweise in den Beständen des Landesmuseums befinden.

Die Fassade des Landesgewerbemuseums an der heutigen Willi-Bleicher-Straße, Zeichnung: Peter Schnorr, Lichtdruck: Hofkunstanstalt Martin Rommel & Co (aus der Festschrift zur Eröffnung des Gebäudes, 1896)

Von den ersten Recherchen bis zur Eröffnung der Ausstellung war es ein langer Weg. Was gab es also alles bei der Planung zu bedenken?

 

Erste Recherchen und Absprachen

Diese Vitrinen und Bildschirme stehen zur Verfügung.

Ziel der Ausstellung sollte es sein, die Geschichte des prachtvollen Gebäudes näher zu beleuchten und die Institution des Landesgewerbemuseums mit seinen umfangreichen Sammlungen zu würdigen. Also begann ich damit zu recherchieren, wann und weshalb das Gebäude errichtet wurde, und was vor 125 Jahren darin zu sehen war. Unsere Ausstellungsprojekte zum Jubiläum werden außerdem von mehreren Forschungsprojekten begleitet.

Nach ersten allgemeinen Recherchen ging es darum, ein grobes Konzept für die Ausstellung zu entwickeln. Bei einem Ortstermin sah ich mir die bereits vorhandenen Vitrinen im Haus der Wirtschaft erstmal an.  Da diese nicht klimatisiert werden können und das Licht nicht so dimmbar ist, wie es den hohen Anforderungen des Museumsbetriebs entspricht, war schnell klar, dass nur wenige originale Objekte gezeigt werden können. Mein erstes Grobkonzept beinhaltete demnach vor allem Reproduktionen von alten Grafiken und Fotos des Landesgewerbemuseums.

Die Suche nach passenden Objekten

Das erste Konzept präsentierte ich unseren Kooperationspartnerinnen vom Haus der Wirtschaft. Neben großer Begeisterung für die bisherigen Ideen kam auch der Wunsch auf, ein paar Exponate aus dem ehemaligen Landesgewerbemuseum zu zeigen. Also machte ich mich in Absprache mit den Kurator*innen der jeweiligen Sammlungsabteilungen und den Restaurator*innen auf die Suche nach Objekten, die weniger lichtempfindlich sind.

Einige ausgewählte Sammlungsobjekte aus Glas, Porzellan und Metall haben es so glücklicherweise doch in die Ausstellung geschafft. Lediglich die Modelleisenbahn, die die ehemals großen technischen Abteilungen des Landesgewerbemuseums repräsentiert, sollte vor zu viel Licht geschützt werden: Da der rote Lack auf den Rädern der Lokomotive ausbleichen könnte, hat das Exponat nun einen kleinen Plexiglastunnel erhalten, der zusätzlich Licht absorbiert.

Bei einer Stellprobe wurde getestet, wie die Objekte in der Vitrine angeordnet werden sollten. Zum Schutz vor zu viel Lichteinstrahlung wurde für die Modelleisenbahn ein durchsichtiger Plexiglas-Tunnel gefertigt.

 

Titel und Feinkonzept

In Absprache mit unserer Kommunikations- und Marketingabteilung wählte ich den Titel „unschwäbisch-pompös“ für die Ausstellung aus. Diese Charakterisierung des Gebäudes wurde unter anderem vom Historiker Otto Borst wiedergegeben und beschreibt den historischen Bau besonders passend. Der Titel hebt die Pracht und Einzigartigkeit des Gebäudes hervor.

Im Folgenden entwickelte ich ein genaueres Konzept, wo welche Exponate und Reproduktionsgrafiken präsentiert werden sollten. Weitere Recherchen führten mich in verschiedene Archive und Bibliotheken. Dort fand ich noch mehr Bildmaterial und umfangreichere Informationen zur Geschichte des Hauses. Auch in unserem hauseigenen Fotoatelier wurden historische Grafiken abfotografiert. Ich fertigte erste Vitrinen-Skizzen, um zu veranschaulichen, wie die Ausstellung schließlich aussehen könnte. Außerdem verfasste ich ein Exposé, das die Inhalte und das Ziel der Ausstellung zusammenfasst.

Mit PowerPoint fertigte ich erste Vitrinen-Skizzen und druckte diese als Modell aus.

Das Feinkonzept wurde mit den Kolleg*innen der Abteilung und der Direktion besprochen, weiterentwickelt und finalisiert. Erst danach fing ich an, die eigentlichen Ausstellungstexte zu schreiben, die wiederum auch einige Korrekturschleifen durchliefen.

 

Grafik, Druck und Video-Produktion

Als nun alle Exponate und Texte feststanden, kamen die Grafiker ins Spiel, sie entwarfen die Vitrinen und alle weiteren Elemente der Ausstellung. Somit bekam die Präsentation auch aus gestalterischer Sicht den finalen Schliff.

Nach der Freigabe der Grafik kam alles in den Druck. Damit die bedruckten Alu-Platten auch passgenau angefertigt werden konnten, wurden die Vitrinen nochmal von allen Seiten abgemessen und die Grafiken entsprechend angepasst.

Gemeinsam mit den Grafikern und der Druckerei testeten wir mit Probedrucken, wie die fertigen Vitrinen aussehen würden.

Jede Ausstellung lebt von Bezügen zur Gegenwart und aktuellen Themen. So erwies es sich als Glücksfall, dass es kurzfristig möglich war, mit unseren Kooperationspartnerinnen des Haus der Wirtschaft ein kurzes Video für einen der Bildschirme in der Ausstellung zu produzieren. In kurzen Statements berichten darin die Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und unsere Direktorin Prof. Dr. Astrid Pellengahr von vergangenen und zukünftigen Aufgaben der kunstgewerblichen Wirtschaftsförderung. In diesem Ausschnitt berichtet unsere Direktorin Prof. Dr. Astrid Pellengahr von der Geschichte des Landesgewerbemuseums und dessen Sammlungen:

 

Ausstellungsaufbau, Pressemitteilung und Eröffnung

Was fehlt also noch nach diesen monatelangen Vorbereitungen?

Zu guter Letzt musste die Ausstellung natürlich noch aufgebaut werden. Auch die Öffentlichkeit soll von der Ausstellung erfahren. So gab es bereits im Vorfeld Ankündigungen auf unserer Homepage und eine Pressemitteilung wurde verschickt.

Jetzt, wo alles fertig gedruckt ist, muss die Ausstellung „nur noch“ aufgebaut werden.

Jetzt ist es heute, am 15. September 2021, endlich soweit – wir eröffnen die Ausstellung, pandemiebedingt leider im ganz kleinen Kreis. Nach Begrüßungsworten von Ministerialdirektor Michael Kleiner und unserer Direktorin Dr. Astrid Pellengahr darf ich die Konzeption „meiner“ Ausstellung vorstellen.

 

Einladung und Dank

Im Zeitraum vom 16. September bis 5. Januar könnt ihr unsere Ausstellung im Eingangsfoyer vom Haus der Wirtschaft besuchen, geöffnet ist Montag bis Freitag von 10 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei! Anhand von historischen Bildern und Exponaten zeigt die Ausstellung die Geschichte des einzigartigen Hauses, weist auf einige architektonische und gestalterische Charakteristika des Gebäudes hin und gibt einen Einblick in die umfangreichen Sammlungen, die vor 125 Jahren im Landesgewerbemuseum zu bestaunen waren.

Viel habe ich bei diesem Projekt gelernt, und viel Unterstützung habe ich dabei erhalten: Museumsarbeit – gerade in einem so großen Haus wie dem LMW – ist Teamarbeit. Vielen herzlichen Dank an alle, die mir bei der Planung der Ausstellung „unschwäbisch-pompös“ mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind.

Die fertige Ausstellung „unschwäbisch-pompös“ im Haus der Wirtschaft Baden-Württemberg.

 

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