Das Schwert – auch was für Frauen…?

„Warum machen Sie als Frau eine Ausstellung über Schwerter?“

Diese Frage einer Journalistin führte bei uns zunächst zu Sprachlosigkeit. Sollte man denn als Frau nur Ausstellungen über Schmuck, Kleidung und „schöne“ Dinge machen? Ist das Thema heute wirklich noch so männlich besetzt, dass es Frauen nicht interessieren kann? Und wenn doch, gilt man dann als verhaltensauffällig und unangepasst?
In einer anderen Rückmeldung zu unserer Ausstellung wurden wir von einer Frau darauf hingewiesen, dass sich Frauen „in der Tendenz“, wenn überhaupt, aus „altem Anpassungsverhalten“ oder ihren Männern zuliebe an Waffen und ähnlichem „freundlich interessiert“ zeigen würden und sie deshalb in eine solche Ausstellung begleiten. Erneute Sprachlosigkeit.

Einige Fakten

  • 2 Archäologen und 2 Archäologinnen waren Urheber der Idee und des ersten Konzepts
  • 4 Männer und 4 Frauen sind für die inhaltliche Erarbeitung der Ausstellung verantwortlich und begeistert bei der Sache, hinzu kommt 1 Kulturvermittlerin für die didaktischen Einheiten und Mitmachstationen – Frauen also in der Überzahl….
  • 3 Wissenschaftler und 3 Wissenschaftlerinnen aus ganz Deutschland bilden unseren wissenschaftlichen Beirat.
  • 7 Autoren und 6 Autorinnen haben an unserem Begleitband mitgeschrieben
Rollentausch: Nachstellen des „Schwurs der Horatier“ aus dem Louvre © Mirjam Müller, Landesmuseum Württemberg

Rollentausch: Nachstellen des „Schwurs der Horatier“ aus dem Louvre © Mirjam Müller, Landesmuseum Württemberg

Bei uns besteht weder eine Frauenquote, noch haben wir den Proporz gesucht – es gab ihn schlicht, er drängte sich geradezu auf. Was wir damit sagen wollen: Das Schwert ist nicht nur für Männer von Interesse, sondern ein facettenreicher Gegenstand, den es sich für alle Geschlechter näher zu betrachten lohnt. Natürlich muss man sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass das Schwert eine Tötungswaffe ist (mehr dazu auch bald in unserem Blog), doch bietet die Untersuchung dieses Gegenstands darüber hinaus zahlreiche Einblicke in die westliche (Kultur-)Geschichte. („Eine Ausstellung über Schwerter – wieso, weshalb, warum?“, „Schwerter im Depot – erlebte Faszination“ und „Was der 4. Mai mit Star Wars zu tun hat…“)

Schluss mit den Genderklischees!

Die Vorstellung, dass in der Vergangenheit ausschließlich Männer zum Schwert griffen, gilt mittlerweile in der Forschung als überholt. Im Mittelalter etwa durften Frauen ab dem 12. Jahrhundert in gerichtlichen Zweikämpfen selbst für sich kämpfen, wenn bei schweren Vergehen Aussage gegen Aussage stand. Bereits im ältesten bekannten Fechtbuch des Spätmittelalters, dem Manuskript I.33 oder „Tower Fechtbuch“, ist daher auch eine Frau beim Zweikampf mit Schwert und Buckler abgebildet. Ebenso stellte sich jüngst das reich an Schwertern ausgestattete Grab eines Wikingerfürsten in Birka (Schweden) als das Grab einer Kriegerin heraus! Sind „Schildmaiden“ wie Brynhild aus den nordischen und germanischen Sagen also vielleicht doch kein Mythos…?

Frau mit Schwert auf der Ausstellungsbaustelle © Janina Rösch, Landesmuseum Württemberg

Frau mit Schwert auf der Ausstellungsbaustelle © Janina Rösch, Landesmuseum Württemberg

Aber auch außerhalb des Kreises jener, die sich aus archäologischem, historischem, kulturgeschichtlichem oder soziokulturellem Interesse mit dem Schwert beschäftigen, besitzt diese Waffe eine Strahlkraft, die nicht nur die Männerwelt trifft. Vielmehr noch: Frauen sind dem Thema keineswegs abgeneigt und so manch eine greift sogar heute noch zum Schwert, sei es im Bereich des Historischen Schwertkampfs (HEMA), im Live Action Role Playing (LARP) oder dem Reenactment und Living History.
Wir hatten zumindest keine Probleme, Interviewpartnerinnen für eine unserer Medieneinheiten zu finden zum Thema „Was macht für Sie die Faszination Schwert aus?“ („Klappe zu! Film ab!“).
Darüber hinaus begegnen uns in der heutigen Populärkultur immer mehr schwertführende Frauen, die Generationen von Fans in Atem halten, sei es Brienne von Tarth aus Game of Thrones, Red Sonja, Wonder Woman oder auch Beatrix Kiddo aus Kill Bill („Das Schwert – reine Männersache?“). Und auch die Gaming-Welt ist schon längst von Computerspielerinnen besiedelt. Eine der wenigen Personen, die heute noch das Schwert als ihren Arbeitsgegenstand bezeichnen würde, ist übrigens ebenfalls eine Frau: die Queen. Seit 66 Jahren schlägt sie verdienstvolle Briten und Britinnen zum Ritter bzw. zum Sir und zur Dame.

Eine für alle, alle für eine! © Hendrik Zwietasch, Landesmuseum Württemberg

Eine für alle, alle für eine! © Hendrik Zwietasch, Landesmuseum Württemberg

Das Schwert spricht heutzutage aus vielfältigen Gründen ganz unterschiedliche Personen an, jeden Alters und jeden Geschlechts. Die Grenzen sind fließend. Die Ausstellung „Faszination Schwert“ spiegelt das wider und ist damit eine Ausstellung, die 2018 durchaus ihre Berechtigung hat.
Überzeugen Sie sich selbst ab dem 13. Oktober 2018 im Alten Schloss in Stuttgart!

15 Kommentare zu “Das Schwert – auch was für Frauen…?”

  1. Was für überholte Aussagen! Ich hatte mich nie mit dem Thema Schwert beschäftigt, aber als ich das erste Mal von  eurer Ausstellung hörte, wurde mein Interesse daran geweckt. Ich lese mit Begeisterung jeden Blog und freue mich schon sehr auf die Ausstellung.
    Euer Rollentausch-Foto: Hervorragend, man merkt, Ihr habt echt alle (Männer wie Frauen)  Spaß an der Sache und gerade dieses Bild umzusetzen, spricht wirklich für Euch.

    1. Liebe Frau Linder, herzlichen Dank für Ihr tolles Feedback und dass Sie eine so treue Leserin unseres Blogs sind! Das Thema ist in der Tat so interessant, dass es uns allen eine Freude ist, an dieser Ausstellung zu arbeiten. Jetzt sind es nur noch dreieinhalb Wochen bis zur Eröffnung!

  2. Toller Artikel. Solche Fragen und altbackenen Vorstellungen kann ich ebenfalls 2018 in keinster Weise mehr nachvollziehen. Ich stecke meine Nase regelmäßig in alle der oben erwähnten Bereiche und kann daher nur den Kopf über dieses veraltete Weltbild schütteln. Leider gibt es diese Vorstellungen noch immer. So wurde z.B. einer guten Bekannten aus Italien letztes Jahr bei einer Vorführung Punkte abgezogen, da sie „in Männerkleidern“ auftrat. Es bleibt also noch viel zu tun.

    1. Vielen Dank für das Feedback. Wir hoffen zumindest in der Ausstellung mit dem Klischee Schwert = Mann aufräumen zu können!

  3. Ich stimme euch zu, das Schwert ist noch immer top aktuell.
    Etwas Ironie:
    >> Es wurde aus unserer Kultur wegdiskutiert, das eben nicht mehr „up to date“ für polizeiliche und militärische Zwecke gilt.
    Und im Zivilleben hat es sowieso keinen Platz mehr <<
    So ein Quatsch!
    Wer hat nicht irgendwelche Ritterfilem gerne gesehen – oder ebne die aktuelleren Phantasy Filme.
    Aus meinem Umfeld: Wir lieben HEMA. Und da haben wir auch aktive Frauen mit dabei.
    Mal sehen, ob ich es schaffe die Ausstellung zu besuchen. Interesse besteht auf alle Fälle.

  4. Vielen Dank. Hoffentlich schaffen Sie es in die Ausstellung – es lohnt sich! HEMA wird übrigens auch behandelt.

  5. Kleine (nicht ganz ernst gemeinte) Ergänzung zum Thema „Frau und Schwert“: Im Schwäbischen wird von Frauen berichtet, die ihr „Schwert“ ständig bei sich führen, nämlich im Munde – dann bekannt als „Schwertgosch“.
    Vorsicht! Sie reden dich in Grund und Boden, sind in ihrer Wortwahl nicht zimperlich und bringen ihr Gegenüber verbal zur Strecke.
    Warum gibt es wohl bei Männern diesen Begriff nicht….. ?

    1. Keine Sorge, auch Männer haben eine Zunge, die sie wie ein scharfes Schwert gebrauchen; so beklagt sich zumindest König David in Psalm 57,5 über seine Feinde. Und ein türkisches Sprichwort besagt – geschlechtsneutral –, dass die Zunge schärfer als das Schwert ist.

  6. Hm, leider mache ich die Erfahrung auch immer mal wieder. Bei Journalisten häufiger, innerhalb des Historischen Fechtens sind das sehr seltene Ausnahmen.
    Ich bei einem Interview schonmal gefragt worden, was eigentlich meine Mutter dazu sagt, dass ich in meiner Freizeit schwertfechte. Ein Mann sagte mir mal, ich sollte aufpassen, dass ich nicht zu stark werde, sonst würde mich keiner mehr haben wollen.
    Man sollte es nicht glauben, aber so etwas passiert leider wirklich. Glücklicherweise nicht mehr so häufig im sportlichen Alltag.

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