Sind Museen per se nachhaltig, da sie sich der Erhaltung von historischen Objekten angenommen haben und diese für spätere Generationen aufbewahren? Dieser Ansatz ist unseres Erachtens zu kurz gegriffen. Denn Nachhaltigkeit umfasst deutlich mehr als Langfristigkeit. Ein nachhaltiges Museum muss mehr beachten. Aber was? Genau darum geht es in der aktuellen Sonderausstellung „Museum in Bewegung“ im Museum der Alltagskultur im Schloss Waldenbuch.
Die drei Säulen der Nachhaltigkeit
Der real stattfindende Klimawandel führt uns allen vor Augen, dass wir unsere Lebensweise nachhaltiger gestalten müssen. Deswegen wird, wenn von Nachhaltigkeit gesprochen wird, über ökologische Nachhaltigkeit geredet. Dass Nachhaltigkeit auch die Ökonomie und das Soziale Miteinander umfasst, ist vielen Menschen noch nicht bewusst. Diese drei Säulen müssen in Einklang gebracht werden, damit unser aller Leben nachhaltiger wird. Was hat das aber mit einem Museum, und im speziellen dem Museum der Alltagskultur zu tun? Museen verbrauchen bei ihrer Arbeit Ressourcen. Sei es Energie, Baumaterialien für Ausstellungsbauten oder beim Transport von Kulturgütern rund um die Welt. Museen erfüllen aber als Erinnerungsort in einer diversen Gesellschaft eine sehr wichtige soziale Rolle. Mit diesen Punkten beschäftigt sich die Ausstellung „Museum in Bewegung“. Sie trägt ihren Titel, weil es für das Team ein Aufbruch in eine nachhaltige Zukunft ist, und dafür muss das Museum in Bewegung gebracht werden, es muss sich wandeln damit es zu einer zukunftssicheren Einrichtung wird. Und das auf allen drei Gebieten der Nachhaltigkeit: in der ökologischen, der ökonomischen und der sozialen Dimension.
Museumsarbeit in nachhaltig?
So werden in der Ausstellung alle Bereiche der musealen Arbeit auf ihre Nachhaltigkeit hin beleuchtet: Wie funktioniert nachhaltiges Sammeln? Es stellt sich nicht nur Frage nach Lagerkapazitäten, sondern auch die Frage danach, welche Bevölkerungsgruppen sich in der Sammlung wiederfinden. Und wer entscheidet darüber, was erhaltenswert ist und was nicht? Auch die Zugänglichkeit der Sammlung ist durch die Digitalisierung vielfältiger geworden: Digital wurde die Möglichkeit geschaffen, mehr Menschen zumindest virtuell auf eine Sammlung – die allen Bürger*innen des Lands gehört und nicht den Museumsmitarbeiter*innen, die bisher über die Zugänge gewacht haben – Zugriff zu geben.
Besucher*innen im Fokus
In der Schau werden einerseits mit den eben aufgeworfenen Themenfeldern zusammenhängende Zahlen präsentiert (wie etwa, dass vier Milliarden Menschen weltweit Zugang zum Internet haben, diese aber nur 262 von rund 100.000 Objekten der Sammlung der Populär- und Alltagskultur online finden können) und andererseits die Besucher*innen nach Vorschlägen gefragt, was an der Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit geändert werden soll (oder was vielleicht auch weiter so gemacht werden kann). Die Meinungen der Besucher*innen sind auch deswegen wichtig, weil das Museum der Alltagskultur seine Gäste besser kennenlernen will, um besser auf dessen Bedürfnisse und Wünsche reagieren zu können. Auch das ist eine Form der Nachhaltigkeit: die Orientierung hin zu den Besucher*innen. Besucher*innen sollen im Sinne der Nachhaltigkeit zukünftig auch nicht mehr nur Konsument*innen sein, sondern auch die Chance und Möglichkeit haben, eigene Perspektiven einzubringen oder zu Co-Produzent*innen zu werden. Beides wird in der Ausstellung versucht. Das Museum schafft dafür Möglichkeiten oder stellt Beispiele vor, in denen Menschen außerhalb des Museums die Sammlung genutzt haben: So wurde aus alten Papierbögen ein digitales Spiel entwickelt oder dafür gesorgt, dass Löscheimer des 19. Jahrhunderts aus unserer Sammlung ihre weltweite Verbreitung auf Wikipedia gefunden haben.
Klimasünde Sonderausstellung?
Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf der Betrachtung von Sonderausstellungen und dem damit verbundenen Ressourcenverbrauch und Reiseverkehr, der dadurch entsteht. Sonderausstellungen haben sich zunehmend zu hochspezialisierten Sonderanfertigungen zur Einmalverwendung entwickelt. Möbel, Vitrinen, Textfolien, Flyer, Klimageräte und Beleuchtung in abgedunkelten Räumen wirken sich negativ auf die Klimabilanz von Museen aus. Zudem werden Museumsobjekte durch den Leihverkehr rund um die Welt geschickt, meist aufwendig verpackt und durch Kuriere begleitet. Viele Einrichtungen stellen sich die Frage: Wie kann hier reduziert werden? Wie kann ein Ausgleich zwischen Schutz der Objekte und Klimaschutz gefunden werden? Oder steckt dahinter vielleicht sogar die Frage nach einer grundlegenden Änderung der Museen? Werden sie in Zukunft wieder stärker mit der eigenen Sammlung für ein regionales Publikum arbeiten?
Ein Anfang…
Damit sind in der Ausstellung sicher nicht alle Themen behandelt, die Museen im Zuge einer Auseinandersetzung mit der Nachhaltigkeit bearbeiten müssen. Es ist aber ein erster Schritt, der als Entwurf eines Planes verstanden werden kann und der konsequent von Anfang die Besucher*innen einbindet. Wer in Zukunft also das Museum der Alltagskultur betritt, sollte davon ausgehen, dass er in den Entwicklungsprozess des Museums eingebunden wird – sofern er oder sie das möchte.
Wer sich mehr für das Thema Nachhaltigkeit und Museen interessiert, ist herzlich eingeladen am 26.9. an einer Führung zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN teilzunehmen. Weitere Informationen finden sich auf der Website des Museums der Alltagskultur.
Euren Ansporn und die Idee finde ich gut da ich meinen Kindern versucht habe ökologisch und ökonomisch zu handeln.
Leider kann ich am 26.9.nicht
mfg
Patricia Sokol
patricia@sokol-online.de