Seit Mai 2021 arbeitet ein Team von einer Restauratorin, fünf Registrarinnen sowie zwei Werkstudentinnen an der digitalen Erfassung und Publikation von Objekten aus dem ehemaligen Landesgewerbemuseum (LGM). Das Projekt wird durch die Deutsche Digitale Bibliothek im Rahmen des von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) geförderten Programms NEUSTART KULTUR gefördert. Ziel ist es, insgesamt 4.000 Objekte aus den Beständen des ehemaligen Württembergischen Landesgewerbemuseums in Stuttgart für eine digitale Präsentation zu erschließen.
Auch zwei unserer laufenden Ausstellungen beschäftigen sich mit dem Landesgewerbemuseum: „unschwäbisch-pompös“ und „GeschmacksSache. Vorbildliches Design um 1900“.
Viele verschiedene Objekte
Zu den Beständen des LGM gehören unterschiedlichen Objekte, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert zusammengetragen wurden, um vorbildliches Design aus Industrie und Handwerk präsentieren zu können. Die gesammelten Gebrauchs- und Industriewaren entstammten sowohl regionalen als auch internationalen Produktionsstätten, Antiquitätsläden und Gewerbeschauen. Einige Objekte wurden beispielsweise auf den großen Weltausstellungen erworben. Als das Stuttgarter Landesgewerbemuseum im Jahr 1968 aufgelöst wurde, wurden die Sammlung an die Staatlichen Museen Baden-Württemberg verteilt. Das Landesmuseum Württemberg übernahm rund 40.000 Objekte, die in die Sammlung eingegliedert und auf die Depots verteilt wurden, darunter Kunsthandwerkliches (Glas, Silber, Keramik), Objekte des Mittelalters, Möbel, Uhren, Spielzeug, Skulptur und Plastik, Gemälde, Miniaturen, Druckgraphik, Schmuck, Münzen und die „Sammlung der Geschmacksverirrungen“.
Tiefenerschließung von 4.000 Objekten
Vorab wurden von den zuständigen Kurator*innen eine Auswahl der 4.000 Objekte erstellt, die im Rahmen des Projekts online präsentiert werden sollen. Sie wurden zum Beispiel anhand des Materials oder nach ihrer Funktion in unterschiedliche Gruppierungen unterteilt und sollen einen Querschnitt der Bestände des ehemaligen LGM abbilden. Es handelt sich dabei ausschließlich um Objekte, die in den Depots gelagert werden und somit den Museumsbesuchern und -besucherinnen in der Regel nicht etwa in Ausstellungen oder Sammlungspräsentationen zugänglich sind.
Unsere Aufgabe ist es, die ausgewählten Objekte in der Datenbank zu erschließen, das bedeutet, sie umfassend zu dokumentieren. Von jedem Objekt gibt es, neben dem Eintrag im Inventarbuch, eine alte Karteikarte oder ein Inventarblatt, das alle wichtigen Informationen enthält: eine kurze Beschreibung, das Material, die Datierung, der Herstellungsort, die Maße und ggf. die beteiligten Personen, z.B. der Entwerfer oder die Entwerferin. Es findet sich darauf auch die Auskunft darüber, wie das Objekt Eingang in die Sammlung des Landesgewerbemuseums gefunden hat und wo es erworben wurde. Diese Angaben werden in die interne Museumsdatenbank übernommen, ergänzt und mit Schlagworten versehen. Der Datensatz bildet für das jeweilige Objekt die Grundlage der Informationen, die am Ende für die Öffentlichkeit digital zugänglich gemacht werden sollen.
Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte
Doch würden die Daten zu den Objekten nur allein in Textform ausgespielt werden, wäre die digitale Präsentation der Bestände des ehemaligen Landesgewerbemuseums wohl kaum so eindrucksvoll. Zu unserem Arbeitsalltag im Projekt gehört es deshalb außerdem direkt im Depot, wo die Objekte aufbewahrt werden, zu arbeiten. Teil unserer Aufgaben vor Ort ist es dann zum einen, den genauen Standort zu dokumentieren. Damit wird ein einfaches und schnelles Wiederauffinden gewährleistet. Zum anderen wird das Objekt fotografiert. Die Objektfotografie ist ein wichtiger Teil der Sammlungsdokumentation im Museum, da das Objekt auf dem Foto genau und realitätsnah abgebildet wird. Die Fotos können außerdem für verschiedene Zwecke verwendet werden und ermöglichen, dass die oft empfindlichen Museumsgegenstände an ihrem Standort ruhen können und dennoch ein Zugriff, wenn auch nur virtuell, möglich ist. Dafür werden sie von verschiedenen Seiten abgelichtet, ggf. Detailfotos angefertigt und Beschriftungen, Stempel oder Marken fotografiert.
Fotoaktion zwischen Porzellan und Fayence
Ein großer Teil der für das Projekt zu erfassenden Objekten macht Keramik aus. Auch dafür wurde vorab eine Auswahl durch die zuständigen Kuratorinnen getroffen. Zwar befinden sich in den Vitrinen des Keramikdepots noch viel mehr Objekte aus dem ehemaligen Landesgewerbemuseum, doch wurde festgelegt, dass rund 600 Keramiken für das Projekt bearbeitet und fotografiert werden sollen, darunter unter anderem mittelalterliche Ofenkacheln, zahlreiche Steinzeugkrüge, Porzellanfiguren, Tassen, Teller, Kannen und anderes Essgeschirr, Vasen aus unterschiedlichen Epochen und moderne Keramik. Anhand einer Liste der ausgewählten Objekte, die die Inventarnummern aufführte, galt es zunächst die Objekte im Keramikdepot zu finden und den genauen Standort zu notieren. Um ein schnelles Wiederfinden der Keramiken in den Vitrinen zu garantieren, legten wir kurzfristig Zettel zu den Objekten, die sie eindeutig als LGM-Bestand markierten. Es stand nämlich eine Fotoaktion mit einem externen Fotografen an, der die rund 600 Objekte in wenigen Wochen ablichten sollte. Damit dies in Anbetracht der wenigen Zeit und der Vielzahl an Objekten gelingen konnte, war vorab eine gute Organisation notwendig.
Am Starttag der Fotoaktion baute der Fotograf im Keramikdepot seine Fotostation auf. Wir transportierten die ausgewählten Objekte vorsichtig von ihrem Standort in der Vitrine zur Fotostation, wo sie dann von verschiedenen Ansichten fotografiert werden sollten. Die Restauratorin des Projekts begleitete die Aktion, achtete auf einen sicheren Umgang und einen guten Stand der Objekte.
Abgelichtet
Vor die Linse des Fotografen kamen dabei verschiedenartige Objekte. Einige Objekte waren eher groß und mussten mit viel Abstand fotografiert werden, damit sie auf das Bild passten. Andere sind ganz klein, so zum Beispiel Porzellan-Teetassen oder kleine Schälchen. Flache Objekte, wie Teller oder Fliesen, wurden von oben, fast senkrecht, fotografiert. Einige Keramiken ärgerten mit ihrer glänzenden Glasur, in der sich das Licht stark widerspiegelte. Trotz der großen Anzahl der Objekte, der unterschiedlichen Kameraeinstellungen, die benötigt wurden, und der vielen Ansichten, aus denen die Objekte fotografiert werden mussten, war es uns durch die Fotoaktion möglich, in kurzer Zeit einen großen Teil des Projekts zu bewerkstelligen. Die Vielfalt gibt einen tollen Einblick in die Keramikbestände des ehemaligen Landesgewerbemuseums. Ich freue mich, die Keramikfotos und die anderen Objekte des LGM online-Projekts ab dem Frühjahr in der Sammlung online zu entdecken.