Zwei Monate. Zwei Monate Praktikum sind eigentlich viel zu kurz, um alles zu entdecken, was das Landesmuseum Württemberg zu bieten hat. Die Zeit verging wie im Flug. Ich habe viel erlebt und viel Neues gelernt. Die gesammelten Erfahrungen waren für mich eine tolle Ergänzung zu den theoretischen Überlegungen im Studium.
Das Praktikum hat mir nicht nur Einblicke in die museale Arbeit gegeben, sondern auch in andere Disziplinen. Mit Kunstgeschichte oder Numismatik hatte ich mich vorher nie beschäftigt. Als Studentin der Geschichtswissenschaft wusste ich nicht, was ein Tremolierstrich ist oder worin genau der Unterschied zwischen einer Münze und einer Medaille eigentlich liegt.
Fernab von Schreibtisch und stumpfer Büroarbeit
Mein Praktikum bestand nicht nur aus Büroarbeit, sondern es gab oft auch spannende Dinge abseits meines Schreibtischs zu erledigen.
So war ich mehrfach im Depot auf Schatzsuche. Dort durfte ich die Objekte, die ich vorher nur von Inventarblättern kannte, suchen, um ihre Standorte festzuhalten. Zwischen all den kunstvoll geschnitzten Möbeln und teilweise jahrhundertealten Gegenständen – eine Erfahrung, die ich so schnell nicht vergessen werde.
Außerdem war ich im Hauptstaatsarchiv in Ludwigsburg, um unter anderem mehr über die Herkunft einer Prunkuhr zu erfahren. Bei der Recherche müssen viele Akten mit Korrespondenzen, Rechnungen und ähnlichem bestellt und durchgesehen werden. Man wird nicht immer direkt fündig und manchmal braucht es mehrere Besuche im Archiv, bis man einen Treffer hat.
Über die Herkunft schöner Dinge
Viele Exponate und Deponate sind nicht einfach nur schön. Hinter ihnen verbergen sich interessante Geschichten, wie ich nicht nur im Archiv, sondern auch in den Aktenordnern des Museums herausfinden durfte.
Bei einer sogenannten Objektautopsie konnte ich den Exponaten besonders nah kommen: Die Vitrinen wurden geöffnet, damit wir Etiketten an einem Paar italienischer Glaskännchen aus der Sammlung Ernesto Wolf suchen konnten (zum Hintergrund der Glaskännchen können Sie hier mehr erfahren!). In der Provenienzforschung kann alles, sei es ein Schild am Objekt selbst oder eine Randnotiz in den Akten, einen entscheidenden Hinweis auf die Herkunft des Objekts liefern.
Anders als im Studium geht es im Museum nicht nur um die großen Fälle wie bspw. die Benin-Bronzen, die viel mediale Aufmerksamkeit erhalten haben. Hier muss die Provenienz aller Objekte geprüft werden. Es geht nicht nur um Objekte, bei denen ein Anfangsverdacht besteht, dass es sich um „Raubgut“ bzw. während der NS-Zeit entzogene Güter handeln könnte. Alle Objekte, die nach der NS-Zeit ins Museum gekommen sind, müssen entlastet werden. Wichtig ist bei der Recherche, alles genau zu dokumentieren.
Freitagnachmittags bot ein Besuch der Ausstellung zur Kleinen Hexe eine willkommene Abwechslung. Langweilig wurde es zwischen Leihverkehr, Ausstellungsbesuchen und Führungen, den Vorbereitungen zur Ausstellung Uffrur und Schenkungen sowie Ankäufen neuer Objekte nie. Außerdem gab es immer wieder Objektrecherchen zu erledigen.
Wie aus irgendeinem Ding ein bestimmtes Objekt wird
Wenn man im Museum arbeitet, weiß man nie, was für ein Ding man am nächsten Tag vielleicht auf seinem Schreibtisch vorfindet. Nicht immer handelt es sich um Objekte, die einem bekannt oder leicht zu identifizieren sind. Mehrfach durfte ich also Detektivin spielen. So auch bei diesen Objekten, die von dritter Seite stammen und nicht zum Bestand des Museums gehören.
Das erste Mal, als ich einen Münzbecher in der Hand hielt, habe ich ihn nur ratlos angeschaut und hin und her gedreht. Von wann stammt der Becher? Wie ist die eingelassene Münze zu datieren? Stammen sie aus derselben Zeit? Irgendwann ist der Groschen dann gefallen. Ich habe nach dem Wappen und dem Motiv auf der Vorderseite recherchiert sowie Hinweise zur Herstellung des Bechers auf dessen Unterseite gefunden. Bei dem Becher handelt es sich, wie ich herausfand, um ein Stück von Jakob Wilhelm Heinrich Mau – er stammt also aus dem 19. Jahrhundert und ist damit um einiges jünger als die auf das 16. Jahrhundert zu datierende Münze.
Ein anderes Mal durfte ich militärische Orden und eine Kette mit Medaillen recherchieren. Die meisten der Medaillen ließen sich schnell durch eine Google-Suche oder in einschlägiger Literatur finden und identifizieren. Aber wer die Kette zusammengestellt und einmal getragen hat, muss offen bleiben.
Jetzt weiß ich, wie ich an unbekannte Objekte herangehe. Es hat etwas Magisches an sich, Objekte, zu denen ich vorher nichts wusste, zu entschlüsseln. Die Suche war nicht immer von Erfolg gekrönt – aber dafür freute ich mich umso mehr über jeden Treffer.
Abschließend kann ich sagen, dass die Arbeit im Museum sehr abwechslungsreich ist und ich in Zukunft mit ganz anderen Augen durch Museen und Ausstellungen gehen werde. Die Arbeit an Objekten werde ich im Studium sicher vermissen.
Zwei Fragen sind ja noch offen: Eine Münze hat immer einen Nennwert, eine Medaille nicht. Sie ist kein Zahlungsmittel. Bei einem Tremolierstrich handelt es sich um eine eingeritzte Linie, die sich meist auf Silbergegenständen findet. Er zeigt an, dass hier Silber entnommen wurde, um dessen Feingehalt zu prüfen.
Abbildungsnachweis und Nutzungsbedingungen
Abb. 1: Inv. Nr. WLM 1953-41, Landesmuseum Württemberg, P. Frankenstein und H. Zwietasch (CC BY-SA 4.0)
Abb. 2: Inv. Nr. 1991-157 a-b, Landesmuseum Württemberg, Hans Mayr (CC BY-SA 4.0)
Abb. 3-6: Landesmuseum Württemberg, Rebecca Kowalski (CC BY-SA 4.0)