Die Regale im Kaufhaus Leitz in Knittlingen sind voll. Hier stapeln sich Inlineskates, Brettspiele und Modellbaukästen aus den letzten 60 Jahren. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein riesiges Wimmelbild: Je länger man schaut, desto mehr entdeckt man. Das Kasperle-Theater von Oma; Kratzbildfolien aus Kupfer, die Anfang 2000 beliebt waren; ein Wetten-dass-Brettspiel mit Frank Elstner.
Alles Produkte, die uns Freizeit-Geschichten erzählen. Denn: Sie spiegeln den Trend der Zeit. Wofür haben sich die Menschen interessiert? Womit haben sie am liebsten ihre Zeit verbracht? Und warum?
Mit den Skiern in die heile Welt
Beim Laufen durch das Kaufhaus fallen immer wieder blaue und rote Kinderskier ins Auge. Im aufstrebenden Tourismus der 1950er Jahre entwickelte sich Skifahren zum Massenphänomen. Die Betreiber*innen der Skiregionen versprachen Erholung und eine „heile Welt“. Ein hoffnungsvolles Versprechen in der Nachkriegszeit. Aber auch später blieb Skifahren eine beliebte Freizeitaktivität, oft mit einem gewissen Luxusfaktor. Die Skier im Kaufhaus Leitz stammen aus den 60/70er Jahren und sind nach dem Skigebiet Cortina d’Ampezzo benannt. Hier wurden in dieser Zeit zahlreiche Kinofilme, wie ‚Der Rosarote Panther‘ und später James Bond gedreht. Sie trugen zum luxuriösen Ruf des Gebiets bei.
Die eigene Bohrinsel
Gerade für Spielzeug gilt: Hier zeigt sich im Kleinformat, was in der großen Welt passiert. So zum Beispiel im Revell-Bausatz von 1983. Auch wenn die Oberfläche schon etwas ausgeblichen ist, lässt sich das Motiv noch gut erkennen: Eine Ölplattform. Jugendliche konnten die damals neu entstandene Bohrinsel „North Cormorant“ nachbauen. Wichtig wurde das Nordseeöl in dieser Zeit, weil es nach den Ölkrisen eine Unabhängigkeit von anderen, außereuropäischen Ländern versprach. Und heute? Wäre Erdölförderung als Spielzeug noch denkbar?
Freizeit im Wandel
Die Produkte im Kaufhaus Leitz zeigen: Gesellschaftliche Veränderungen und Trends haben Einfluss auf unser Freizeitverhalten. Auch die Existenz von Freizeit an sich ist davon bestimmt. Denn: Freizeit braucht freie Zeit. Beides war und ist nicht immer selbstverständlich. Vor der Industrialisierung arbeiteten die meisten Menschen in den eigenen vier Wänden, in Haus und Hof. Der Arbeits- und Wohnplatz war nicht getrennt. Arbeits- und Freizeit waren nur schwer voneinander trennbar.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts änderte sich dies. Gearbeitet wurde andernorts, in Fabriken, Betrieben und Büros. Viel freie Zeit gab es dennoch nicht. Die meisten arbeiteten über 12 Stunden täglich und für viele Frauen wartete daheim unbezahlte Arbeit. Erst arbeitsrechtliche Veränderungen, beispielsweise die Etablierung der 40-Stunden-Woche in den 50er Jahren in Deutschland, ermöglichten Freizeit.
Freizeit seit 2020
Das gesellschaftliche Veränderungen Einfluss auf unser Freizeitverhalten hat, zeigt sich nicht zuletzt auch in der aktuellen Pandemie. Wie hat sich euer Freizeitverhalten seit März 2020 verändert? Schreibt es in die Kommentare und oder besucht uns – wenn Corona es zulässt – im Pop-Up-Museum Knittlingen! Dort zeigen wir im Kaufhaus Leitz im Juni 2021 eine Ausstellung zum Konsumwandel der letzten 60 Jahre. Mehr dazu unter pop-up-museum.de.