Eine Familie bei der Kartoffelernte in Donnstetten, um 1910. Ein Raum voller Datenerfasserinnen der Württembergischen Versicherungsgesellschaft, siebzig Jahre später. Was haben diese Bilder miteinander gemein?
Idealbild Arbeit
Beide Fotos zeigen ein idealisiertes Bild von Arbeit. Das eine stammt aus der Kamera von Pfarrer Ernst Dreher (1862-1943), der Bilder der „traditionellen“ Arbeitsweise württembergischer Bauernfamilien aufnahm, als Maschinen allmählich auf den Bauernhöfen Einzug hielten. Das andere Bild stammt aus den Archiven der Württembergischen Versicherungsgesellschaft und zeigt ein anderes Ideal, nämlich (damals) hochmoderne Computer, ein Großraumbüro, Angestellte in ordentlichen Reihen, ein Musterbild an Effizienz und Betriebsamkeit.
Kleine Fächer ganz groß
Die Fotos stammen aus den Archivbeständen der Landesstelle für Volkskunde und dienen als Material für ein Lehrforschungsprojekt mit Praxisbezug. In Kooperation mit den Universitäten Tübingen und Freiburg setzen sich Masterstudierende der Kulturanthropologie und Empirischen Kulturwissenschaft mit Fragen zur Arbeitswelt der Vergangenheit und Zukunft auseinander. Das Projekt ist Teil der Landesinitiative „Kleine Fächer Baden-Württemberg“.
Das Ziel der Initiative ist die Unterstützung sowie die zukunftsfähige Förderung und Vernetzung sogenannter „Kleiner Fächer“, zu denen auch die Kulturwissenschaften gehören. Die Grundlage des Projektes bilden die Sammlungen und Bestände der beiden Landesmuseen in Karlsruhe und Stuttgart, des Zentrums für Populäre Kultur und Musik (ZPKM) in Freiburg sowie der beiden Landesstellen für Volkskunde in Baden und Württemberg. Die Ergebnisse werden in zwei Ausstellungen ab dem 14.02.2019 im Museum der Alltagskultur Schloss Waldenbuch und ab dem 16.02.2019 in Freiburg präsentiert. Dabei sollen Vorstellungen und Wirkungsweisen von „Arbeit“ in ihrer Bandbreite aufgezeigt werden.
Aber was sind diese Vorstellungen von Arbeit, und wie beeinflussen sie uns?
Die Ausstellungen verdeutlichen anhand von vielfältigen Archivmaterialien, wie der Faktor Arbeit in Württemberg in der Vergangenheit die Menschen formte und wiederum von ihnen geformt wurde.
Ein kleiner Einblick
Mit der Vermittlung von Arbeitsbildern wies man Kindern ihren zukünftigen Platz in der Gesellschaft zu und vermittelte schon früh Idealbilder von Geschlechterrollen und sozialen Gruppenzugehörigkeiten. Kinderbücher aus dem Esslinger Schreiber-Verlag aus dem Bestand der Abteilung Populär- und Alltagskultur des Landesmuseums zeigen, wie vor allem bürgerlichen Kindern durch Bilderbücher bestimmte Arbeitsbereiche zugewiesen wurden. Die Funktion, die sie später einmal in der Gesellschaft einnehmen sollten – ob Soldat oder Hausfrau – finden sich schon hier.
Lust auf Arbeit?
Dies ist nur ein kleiner Teil der Themen, die in den Ausstellungen „Arbeit ist Arbeit ist Arbeit ist …“ behandelt werden. Wer jetzt neugierig ist, kann sie sich vom 14.02. bis 31.03.2019 im Museum der Alltagskultur im Schloss Waldenbuch und vom 16.02. bis 17.03.2019 in der Galerie im Weingut Andreas Dilger in Freiburg ansehen.