Als sich am 30. Juni 1989 die Türen zum Museum für Volkskultur in Württemberg öffneten, begann im Waldenbucher Schloss eine neue Zeitrechnung. Nicht nur, dass diese kleine Stadt nun eine Außenstelle des Landesmuseums Württemberg beherbergte und plötzlich um eine Attraktion reicher war, auch die Präsentation von volkskundlichen Sammlungen sollte sich durch dieses neue Haus sehr verändern. Hier wurde keine idealisierte und idyllisierte Vergangenheit ausgestellt, sondern auf fundierter wissenschaftlicher Basis eine Kulturgeschichte von unten geschrieben.
30 Jahre…
Viele pilgerten nach Waldenbuch, um mit eigenen Augen zu sehen, wie modern und aktuell die Auseinandersetzung mit Tracht, Traditionen und Bräuchen gestaltet werden kann. In diesem Haus ging es nie um die ältesten, wertvollsten, bedeutendsten Objekte, sondern anhand von alltäglichen Dingen wird unsere Kultur, unsere Gesellschaft, ja unser Leben offen gelegt; die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, sich selbst zu hinterfragen.
…Museum der Alltagskultur
Es war entsprechend konsequent, das Museum 2010 in »Museum der Alltagskultur« umzubenennen. Die Ausstellungsbereiche wurden in vielen Teilen überarbeitet, die Ausstellungsstücke reduziert und mehr Objekte aus der näheren Vergangenheit gezeigt. Die Verbindungslinien zwischen Vergangenheit und Gegenwart wurden stärker betont, um verständlich zu machen, warum heute manches so ist, wie es ist.
»Zeitsprünge« heißt diese Ausstellungseinheit, die anderen Museen als Vorlage dient. Auch die Partizipation erhielt Einzug ins Haus. Besucherinnen und Besucher sollen nicht mehr nur »konsumieren«, sondern sich einbringen und gestalten können. Belohnt wurden diese Bestrebungen unter anderem damit, dass das Museum für den »European Museum of the Year Award« 2016 nominiert wurde.
Museen müssen auf das Hier und Jetzt reagieren
Das Museum der Alltagskultur verändert sich weiterhin. Unsere Gesellschaft ist vielfältiger geworden, das sollte sich in der Sammlung widerspiegeln.
Doch nicht nur die Diversifizierung der Sammlung ist eine Mammutaufgabe, sondern auch das Ausstellen. Unser Alltag wandelt sich, und das Museum der Alltagskultur dokumentiert und präsentiert diesen Wandel. Gerade in der Auseinandersetzung mit der Gegenwart schafft man einen Zugang zur Vergangenheit, aber auch ein besseres Verständnis der eigenen Kultur. Dies ist zum Leitgedanken in der Konzeption geworden, denn eines soll in unserem Haus Bestand haben, etwas, wofür es von Anfang an gestanden hat: Innovation, Mut und Haltung.
Ursprünglich erschienen in aufgeSCHLOSSen 2019/1
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