Zwei Vorder-Seiten einer Plakette

Viele intensive Forschungen an Objekten werden durch externe Anfragen an unser Haus ausgelöst. Ausgestellt in der Schausammlung LegendäreMeisterWerke im Alten Schloss, ist eine Messing-Plakette zum 100-jährigen Jubiläum der Fridrich Jobst in Stuttgart Feuerbach. Diese befindet sich bereits seit 1906 im Münzkabinett; geschenkt vom damaligen Firmenteilhaber Julius von Jobst (1839-1920).

Rundliches, bräunliches Metallstück mit Prägung von fünf Gesichtern und zwei Firmengeländen.

Abb. 1: Messing-Plakette zum 100-jährigen Firmenjubiläum der Firma Fridr. Jobst. Objekt in der Sammlung Online

Im Inventarbuch des Münzkabinetts ist die Medaille durch den handschriftlichen Eintrag nachgewiesen:

Ein Papierstück das im Jahr 1906 mit der Inventarnummer und der Beschreibung des Gegenstands beschrieben wurde. Die Liste beinhaltet zusätzlich die Spalte Material Technik, die aber nicht ausgefüllt ist.
Abb. 2a: Auszüge aus dem Hauptbuch des Münzkabinetts von 1906

Ein Papierstück das mit der Art der Erwerbung beschrieben ist: "14.9.1906 Geschenk von Julius v. Jobst. ?"
Abb. 2b: Auszüge aus dem Hauptbuch des Münzkabinetts von 1906, Art der Erwerbung

Die Messing-Plakette zeigt fünf Porträts der Besitzer aus drei Generationen – Fridrich von Jobst, Carl Jobst, Friedrich Jobst, Alfred Jobst und Julius von Lobst – und zwei ausgedehnte Fabrikanlagen.
Doch welche zwei Standorte der Firma Jobst sind hier abgebildet?
Genau diese Anfrage erreichte uns im Mai 2024 von Herrn Günther Kurz für seine Recherche zur Publikation über die Villa Taubenheim und die Herren von Jobst.

Geschichte der Firma Jobst

Zur Geschichte der Firma Jobst konnten bereits folgende Daten zusammengetragen werden:
1806 Gründung als Drogenhandlung (Pharmaziegroßhandel)
1826 Aufbau der pharmazeutischen Fabrik in der Gartenstraße in Stuttgart
1863 Umzug der Fabrik nach Feuerbach auf die grüne Wiese
1887 Fusion bzw. Verkauf der Firma an Fa. Conrad Zimmer in Frankfurt /M.

In der Jubiläumsschrift von 1886 zum 100. Geburtstag des Firmengründers Fridrich Jobst sind zwei Abbildungen enthalten: Der erste Standort in der Gartenstraße in Stuttgart und die spätere Niederlassung in Feuerbach.

Zwei Seiten auf der Vorderseite der Plakette

Stellen wir die Abbildungen aus der Jubiläumsschrift von 1886 den beiden Darstellungen auf der Plakette von 1906 gegenüber.


Abb. 3: Montage aus den Abbildungen des Jubiläumsheftes und der Plakette

Die linke Abbildung entspricht in der Anordnung der einzelnen Gebäude und der Perspektive dem Fabrikgelände der Firma Jobst in Feuerbach in den 1860-70er Jahren. Die Ansicht rechts lässt sich auch durch eine andere Drehung oder Sichtachse, nicht mit dem Gebäudeensemble aus der Stuttgarter Gartenstraße in Einklang bringen. Da unsere Plakette aus dem Jahre 1906 stammt, also nach dem Verkauf an die Firma Conrad Zimmer 1887, könnte die rechte Seite den nun zweiten Firmensitz in Frankfurt /M. zeigen. Die darunter befindliche Inschrift auf der Plakette bestätigt diese Annahme:

1806-1887 1888-1906
= FIRMA = VEREINIGTE
FRIDR. JOBST CHINNINFABR.
STVTTGART ZIMMER & Co
FEVERBACH FRANKFVRT a/M.

 

Der untere Teil der Plakette mit der Inschrift.

Abb. 4: Unterer Teil der Plakette

Unternehmensgeschichte nach 1887

Die Stuttgarter Firma „Fridr. Jobst“ wird 1887 mit der Frankfurter Firma „C. Zimmer“ verschmolzen. 1892 erfolgt die Umwandlung in eine GmbH mit dem Namen „Vereinigte Chininfabriken Zimmer & Co.“ Chinin ist ein weißes, kristallines Pulver und diente im 19. Jahrhundert als Heilmittel gegen Fieberkrankheiten und Malaria. 1906 wurden unter diesem Namen ca. 17% der Welt-Chinin-Produktion in Stuttgart und Frankfurt hergestellt. Damit war die Gesellschaft der sechstgrößte Chinin-Produzent der Welt.

Hinweise aus dem Institut für Stadtgeschichte Frankfurt

Eine weitere Recherche von Herrn Kurz zur Firmengeschichte brachte eine sehr interessante Ansicht der Firmengelände ans Tageslicht, darunter auch die Firma Vereinigte Chininfabriken Zimmer & Co GmbH. Hier sind ebenfalls beide Fabrikanlagen zusammen abgebildet und zeigen links die Werke in Stuttgart-Feuerbach und rechts die Anlagen in Frankfurt-Sachsenhausen.

Drei Ansichten auf einem Blatt mit Verzierungen in Kreisformen.
Abb. 5: Ansicht der Firmengebäude S-Feuerbach und Frankfurt-Sachsenhausen

1920 erscheint eine Publikation zu den Lebenserinnerungen von Justus von Jobst. Darin ist ebenfalls eine Abbildung der Produktionsanlagen in Frankfurt enthalten und deckt sich mit der rechten Darstellung auf unserer Plakette:

Die drei Darstellungen der Firmengelände.

Abb. 6: Montage aus Abb. 3 und der 1920 erschienen Publikation zu den Lebenserinnerungen Julius von Jobst

Zu sehen ist die Plakette in der Schausammlung LegendäreMeisterWerke im Alten Schloss im Bereich zum 19. Jahrhundert. Die Plakette ist ausgestellt im linken Teil, Bereich Unternehmer und Fabriken.

 
Abb. 7a: Detail in der Schausammlung LegendäreMeisterWerke

Die Plakette in der Vitrine in der Schausammlung des Landesmuseum Württemberg.
Abb. 7b: Nahaufnahme der Plakette in der Schausammlung LegendäreMeisterWerke

Ende und Auflösung der Jobst-Werke in Stuttgart

Der Teilhaber Dr. Julius von Jobst stirbt im Jahre 1920, einige Jahre später auch der zweite Geschäftsführer W. Eitel. Mit der Übernahme der Gesellschaft 1926 durch die Mannheimer Firma „C. F. Boehringer & Söhne“ endet in Stuttgart Feuerbach die Produktion von Chinin-Produkten und das Werk der Firma Jobst wurde geschlossen.

Abbildungsnachweis und Nutzungsbedingungen:

Abb. 1: Messing-Plakette zum 100-jährigen Firmenjubiläum der Firma Fridr. Jobst, Landesmuseum Württemberg (Public Domain Mark 1.0), MK 2024.
Abb. 2a: Auszüge aus dem Hauptbuch des Münzkabinetts von 1906, Landesmuseum Württemberg (Public Domain Mark 1.0), MK 2024.
Abb. 2b: Auszüge aus dem Hauptbuch des Münzkabinetts von 1906, Art der Erwerbung, Landesmuseum Württemberg (Public Domain Mark 1.0).

Abb. 3: Montage aus den Abbildungen des Jubiläumsheftes und der Plakette, Landesmuseum Württemberg, J. Leliveldt, A. Lohmann (CC BY 4.0), MK 2024.
Abb. 4: Messing-Plakette zum 100-jährigen Firmenjubiläum der Firma Fridr. Jobst, unterer Teil der Plakette, Landesmuseum Württemberg (Public Domain Mark 1.0), MK 2024.
Abb. 5: Ansicht der Firmengebäude S-Feuerbach und Frankfurt-Sachsenhausen, Institut für Stadtgeschichten Frankfurt, (Alle Rechte vorbehalten – Freier Zugang), ISG FFM Best. H.14.09 (Heiliggeistspital) Nr. 1102.
Abb. 6: Montage aus Abb. 3 und der 1920 erschienenen Publikation zu den Lebenserinnerungen Julius von Jobst., Landesmuseum Württemberg, Collage, J. Leliveldt, A. Lohmann (CC BY 4.0).
Abb. 7a: Detail in der Schausammlung LegendäreMeisterWerke, Landesmuseum Württemberg (CC0 1.0).
Abb. 7b: Nahaufnahme der Plakette in der Schausammlung LegendäreMeisterWerke, Landesmuseum Württemberg (CC0 1.0).

Literatur:

https://www.feuerbach.de/historie/begehbares-feuerbacher-gedaechtnis/jobst
https://digital.ub.uni-duesseldorf.de/urn/urn:nbn:de:hbz:061:1-474391#
http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/firmen3/firmadet35529.shtml

 

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