In den Jahren 2017 und 2018 gab das Landesmuseum Württemberg neun Objekte zurück, die ihren Eigentümern während der 1930er Jahre im Rahmen staatlicher Verfolgung entzogen worden waren. In beiden Fällen ging es um Kunstwerke, die das damalige Landesgewerbemuseum bzw. Landesgewerbeamt erworben
hatte und die in den 1960er Jahren mit der Integration der dortigen Bestände ins Landesmuseum kamen.
Die Historikerin und Provenienzforscherin Dr. Anja Heuß untersuchte die Bestände des Landesmuseums Württemberg unter dem Gesichtspunkt eines möglichen NS-verfolgungsbedingten Entzugs. Sie identifizierte nicht nur die neun Objekte, sondern konnte nach aufwendigen Recherchen auch den Kontakt zu den Nachkommen der ehemaligen Besitzer in Großbritannien und in den USA herstellen.
Restitution von zwei Messinggefäßen an die Erben von Hedwig Neuhäuser
Hedwig Neuhäuser war die Witwe des 1931 in Stuttgart verstorbenen Kaufmanns Elias Neuhäuser, der in Idar-Oberstein ein Geschäft für Achat- und Bijouteriewaren geführt hatte. 1936 erwarb sie ein Haus in der Stuttgarter Rosenbergstraße 149, das sie allerdings drei Jahre später auf Druck des nationalsozialistischen Regimes wieder verkaufen musste. 1942 wurde Hedwig Neuhäuser nach Theresienstadt deportiert und zwei Jahre später in Ausschwitz ermordet. Infolge des Umzugs in die Rosenbergstraße 149 verkleinerte Hedwig Neuhäuser ihren Hausstand und gab daher mehrere Haushalts- sowie Sammlungsgegenstände in eine Versteigerung des Stuttgarter Kunsthändlers Otto Greiner.
Da die Eigentümerin Jüdin war und die Versteigerung nach dem Erlass der Nürnberger Rassegesetze stattfand, handelte es sich hierbei um einen verfolgungsbedingten Verkauf. Unter den bei Otto Greiner versteigerten Objekten sind auch zwei Messinggefäße, die das Landesgewerbemuseum in Stuttgart erwarb und die in den 1960er Jahren ins Landesmuseum gelangten: ein achtseitiges Kohlenbecken aus dem Jahr 1770 und eine ovale Dose aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Restitution von sieben Kunstwerken an die Erben des Kunsthändlers Siegfried Lämmle
Im Mai 2018 wurden sieben Kunstwerke an die Erben des Kunsthändlers Siegfried Lämmle übergeben. Der 1863 in Laupheim (Landkreis Biberach) geborene Lämmle hatte seit 1894 in München eine Kunst- und Antiquitätenhandlung betrieben. Im Sommer 1935 wurde er wie alle jüdischen Kunsthändler in München gezwungen, sein Geschäft aufzugeben und in den folgenden Jahren sein Warenlager aufzulösen.
Wie Lämmle selbst später schrieb, konnte er die Kunstwerke nur noch »zu Schleuderpreisen« veräußern. Im September 1938 emigrierte er in die USA, wo sein Bruder Carl Lämmle bereits seit 1884 lebte und mit der Gründung der Universal Picture Studios zum Begründer der Hollywood-Filmindustrie geworden war.
Das Stuttgarter Landesgewerbeamt erwarb aus dem Warenlager von Siegfried Lämmle sieben kunsthandwerkliche Objekte, die dann in den 1960er Jahren ins Landesmuseum gelangten: eine Inschriftentafel, eine Kanne und einen Krug aus Zinn, einen Silberbecher und einen Römer sowie eine Flasche und einen Tiegel aus Glas. Diese Kunstwerke aus dem 16. bis 18. Jahrhundert waren 1936 und 1937 deutlich unter ihrem Marktwert angekauft worden.