Man sieht nur, was man weiß – mein Praktikum im Landesmuseum

Man sieht nur, was man weiß, habe ich mal irgendwo gelesen. Nach einem Lehramtsstudium für Geschichte und Deutsch weiß man jetzt so Einiges. Aber wenig über die eigene Stadt, wenig über Anknüpfungspunkte für die Schule selbst. Genau das war meine Antwort. Ich wollte noch etwas Neues kennenlernen.

Abb. 1: Blick aus dem Bürofenster in der Markthalle auf das Alte Schloss

Nach dem vollendeten Studium im Oktober, jedoch erst im Februar beginnendem Vorbereitungsdienst in der Schule, entschied ich mich für ein Praktikum im Landesmuseum Württemberg.
Frei nach dem Motto „über den Tellerrand schauen“ ging ich an das Praktikum heran. Überall einfach mal reinschnuppern. Wie funktioniert eigentlich so ein Museum, wer steckt dahinter, wie funktioniert das Arbeiten, was macht ein*e Kurator*in? Alles Fragen, zu denen ich nur unzureichend oder überhaupt nichts wusste. Und dann ging es los. Erst mal war ich ein wenig überwältigt von dem Ausblick aus meinem Bürofenster und ob der Fülle von Informationen, die man jeden Tag bekommt.

„Ich lerne jeden Tag etwas Neues“ platzt es nach der ersten Woche im Telefonat mit meinen Eltern heraus. Ob über historische Gegebenheiten, Verknüpfungen zu Orten, Ereignissen und Personen in und um Stuttgart oder den Ablauf eines Museums. Wie genau kommen Objekte ins Museum und was wird überhaupt ausgestellt, das habe ich mir natürlich auch bei ausschweifenden Besuchen der Schausammlungen angeschaut – schlimm für den Geldbeutel und besonders verlockend war immer wieder der Museumsshop mit seinen Büchern. Ein kleines Highlight war die Auktion einer kleinen Uhr, bei der ich dabei war. Leider ging der Zuschlag zwar nicht an uns, aber spannend war es trotzdem.

Numismatik für Anfänger*innen

Abb. 2: Medaille, König Wilhelm I.

Mit Münzen hantiert man doch fast jeden Tag. Aber so genau habe ich mir den Inhalt meines Geldbeutels noch nicht angeschaut. Anders war das an den Tagen, die ich im Münzkabinett verbringen durfte. Die ausgestellten Münzen und Medaillen in den Schausammlungen sehen zudem noch wunderschön aus. Beschriftet, gut ausgeleuchtet und sauber präsentieren sie sich den Museumsbesucher*innen. Wie viel Arbeit dahinter steckt, war mir nicht bewusst.

In kleinen Kartons verpackt liegen die Münzen im Tresor und warten auf ihre Inventarisierung. Bei jeder schlägt man jetzt in dicken Inventarbüchern nach, teilweise sind die Objekte schon seit über hundert Jahren im Besitz des Museums.

 

Im ersten Durchlauf habe ich mich besonders den Medaillen aus meiner Heimat Bad Cannstatt gewidmet. Eine bunte Vielfalt quer durch das 19. und beginnende 20. Jahrhundert. Besonders spannend waren jedoch die Medaillen auf Königin Katharina von Württemberg, bei denen ich gleichzeitig auch einen Bezug zu meiner Masterarbeit ziehen konnte.

Jede Münze, jede Medaille wurde fotografiert, vermessen und in allen Details in die Objektdatenbank eingepflegt. Kleine Details konnte ich teilweise erst vergrößert, auf dem Bildschirm, richtig gut erkennen.

 

Abb. 3: Medaillen und Kartons

Abb. 4: Unter dem Fotogerät…

Abb. 5: …und vergrößert am PC

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei jedem Objekt wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, auch mit Schüler*innen nach Möglichkeit mit echten Quellen zu arbeiten. Geschichte in der Hand zu halten, schafft ein anderes Bewusstsein, lässt Fragen aufkommen und regt zum Denken und Nachdenken an.

Zwischen Magie und Excel – Eine Recherche

Was mich besonders als angehende Deutschlehrerin und Liebhaberin von Büchern begeistert hat, ist die Umsetzung der Sonderausstellung die kleine Hexe. Wie liebevoll man die Inhalte eines Kinderbuches in einer Ausstellung präsentieren kann! Auf was alles Wert gelegt wird. Im Zuge der Mitarbeiter*innenführung wurde es richtig magisch.

Abb. 6: Sonderausstellung „Die kleine Hexe“

Abb. 7: Blick in die Sonderausstellung „Die kleine Hexe“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 8: Bücherstapel für eine Recherche

Etwas Magie wünscht man sich jedoch bei der Vorbereitung für so manches Projekt. Die Grundlage für alles ist immer die Recherche und der am häufigsten gedachte Satz beim Nachschlagen verschiedener Informationen war, „Wo stand das? Ich habe es doch eben noch gelesen“.

Doch auch beim Wälzen verschiedener Bücher, auf der Suche nach kleinen Informationen kann man viel lernen. Eine Schnitzeljagd auf Papier, mit einem kleinen Hochgefühl jedes Mal wenn man die Info schließlich gefunden hat.

Hinter den Kulissen

Ein kleines Highlight kam für mich schließlich noch am Ende meines Praktikums. Ich durfte mit in die Restaurierung. Mit unendlicher Geduld werden hier Objekte gereinigt und sanft in Form gebracht, um sie bestmöglich in die Ausstellung zu bringen. Man mag es ja nicht meinen, aber eine 300 Jahre alte Porzellanfigurine bietet unter dem Mikroskop ganz besondere Einblicke. Winzige Risse, kleine Abplatzungen und Ähnliches verraten viel über die Herstellung und den Lebensweg der Figur.

Insgesamt waren es sechs ungemein lehrreiche Wochen, die mir viele Einblicke geboten haben. Der Blick über den Tellerrand war genau das richtige und das Praktikum entlässt mich mit zahlreichen Ideen für die Vorbereitung. Schließlich geht mein Dank noch an all die Kolleg*innen, die mir dieses spannende Praktikum ermöglicht haben und geduldig alle meine Fragen beantwortet haben.

 

Abbildungsnachweis:

Abb. 1 – 2: Foto: Katharina Maixner.
Abb. 3: Foto: Katharina Maixner. Abgebildete Medaillen: MK 4387, MK 22568, MK 22890, MK 22891.
Abb. 4 – 5: Foto: Katharina Maixner: Abgebildete Medaille: MK 22892.
Abb. 6 – 8: Foto: Katharina Maixner.
Alle Abbildungen: CC BY SA 4.0, Landesmuseum Württemberg

 

2 Kommentare zu “Man sieht nur, was man weiß – mein Praktikum im Landesmuseum”

  1. Hallo, Frau Maixner, zu dem Fast-Göthespruch dieses: Ich kannte denSpruch auch, aber ich wollte gerne wissen in welchem Zusammenhang er gesagt wurde und fragte bei der Göthegesellschaft in Weimar an. Von dort erhielt ich: Der passendste Text findet sich in der Überlieferung eines Gesprächs vom 24. April 1819, aufgezeichnet von Friedrich von Müller. „Eine leicht zugängliche Ausgabe, in der Sie das nachschlagen können, ist die Taschenbuchausgabe von „Goethes Gespräche“, eine Neuausgabe des „Biedermann“, im dtv von 1998. Dort finden Sie die Passage im Band III/1, auf Seite 112.“ – Text des Absenders, Dr. Höfer.

    VOLLTEXT
    1819, 24. April.
    Gesellschaft bei Goethe.
    Heute war große Abendgesellschaft bei Goethe, die Gräfin Henckel, Line (v. Egloffstein), Adele (Schopenhauer), Coudray und Tieck waren anwesend. Goethe sprach über die Eigenthümlichkeit der deutschen Sprüchwörter bei den verschiedenen Nationen; die griechischen gingen alle aus unmittelbarster, speciellster Anschauung hervor, z.B. der Storch im Hanfe; die deutschen seien stets derb, tüchtig, sittlich, bezeichnend.
    Dann sprach er über die Kunst zu sehen. „Man erblickt nur, was man schon weiß und versteht. Oft sieht man lange Jahre nicht, was reifere Kenntniß und Bildung an dem täglich vor uns liegenden Gegenstande erst gewähren läßt. Nur eine papierne Scheidewand trennt uns öfters von unsern wichtigsten Zielen, wir dürften sie keck einstoßen und es wäre geschehen. Die Erziehung ist nichts anders als die Kunst zu lehren, wie man über eingebildete oder doch leicht besiegbare Schwierigkeiten hinauskommt.“

    Sie sehen, was der „Volksmund“ alles so aus einem Text macht, denn grundlegend gehört dazu „…und versteht“!

    1. Lieber Herr Thurm,

      vielen Dank für die interessante Ergänzung! Es ist immer wieder spannend, woher Sprichwörter kommen und wie sie sich (und manchmal auch deren Bedeutung) über die Zeit ändern.

      Herzliche Grüße,
      Ihr Team vom Landesmuseum Württemberg

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