Im März 2019 begann meine zweijährige „Reise“ am Landesmuseum Württemberg: Ich trat mein Volontariat in der Abteilung für Kunst- und Kulturgeschichte an. Die Zeit war geprägt von jeder Menge Eindrücke, Arbeit in den unterschiedlichsten Bereichen und einer Pandemie. Doch der Reihe nach …
Ankommen und gleich mittendrin
Was macht man eigentlich bei einem Volontariat? Während der zweijährigen Ausbildung, die meist Voraussetzung für eine weitere Laufbahn am Museum ist, lernt man die Abläufe, Strukturen und Methoden eines Museums kennen. Für mich bedeutete die Zeit am Landesmuseum Württemberg primär an der Großen Landesausstellung „Fashion?! Was Mode zu Mode macht“ von der Konzeption bis zur Realisierung mitzuarbeiten.
Nach meiner Ankunft in Stuttgart ging es direkt los: Im kleinen Team sammelten wir Ideen und erarbeiteten Konzepte: Welche Themen sind Besucher*innen wichtig? Wer sind die wesentlichen Akteure im Modesystem? Wer oder was macht Mode zu Mode? Wer hat Einfluss auf die Entscheidungen rund um mein Kleidungsverhalten? Bestimmt man selbst oder wird man fremdbestimmt?
Die Vorbereitungen an der Ausstellung waren verbunden mit Recherchen nach Objekten. In den hauseigenen Sammlungen ebenso wie denen von anderen Institutionen wie Museen oder etablierten Modehäusern, deren Namen quasi synonym für Mode stehen. Ein besonderes Highlight war daher für mich der Besuch im „Dior Heritage“, dem Archiv von Christian Dior in Paris, der Hauptstadt der Mode. Dort fanden wir nicht nur Objekte zur Ausstellung, sondern erhielten auch einen seltenen Einblick, wie ein Unternehmen seine Geschichte und damit verbunden den um das Haus kreierten Mythos sowie sein materielles Erbe verwaltet.
Zurück am Schreibtisch hieß es erneut recherchieren, diesmal nach Literatur, gefolgt vom Lesen und Schreiben. Ich konzipierte eine bebilderte Wandgrafik zur Geschichte der Modenschau, verfasste Objekttexte zu den ausgestellten Modefotografien und den Modemagazinen, damit die Objekte in der Ausstellung für Besucher*innen kontextualisiert werden. Für das Begleitmagazin verfasste ich einen Essay.
Museumsarbeit bedeutet zumeist Teamarbeit, daher sind abteilungsübergreifendes Zusammenarbeiten und Kommunizieren essentiell. In regelmäßigen Meetings unterschiedlicher Zusammensetzung trafen wir uns und besprachen die verschiedenen Arbeitsgebiete, sei es die Ausstellung, die Gestaltung, das Marketing oder das die Ausstellung begleitende Veranstaltungsprogramm. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, allumfassende Einblicke zu gewinnen und konnte eigene Projekte übernehmen und umsetzen.
Ausstellungsaufbau
Bereits seit Mai 2020 liefen die Aufbauarbeiten zur Ausstellung auf Hochtouren. Der leere Raum mit einer Größe von 1.000 m² wirkte mit eingezogenen Wänden, Podesten und ersten Vitrinen plötzlich strukturiert. Die letzten Wochen vor Eröffnung waren geprägt von langen Tagen und letzten Änderungen an ganz unterschiedlichen Stellen, hier musste ein Text korrigiert werden, da eine geplante Präsentationsweise modifiziert werden.
Unberechenbare Überraschungen gibt es immer, so sehr man auch versucht diesen bestmöglich vorzubeugen; manches hat man einfach nicht selbst in der Hand, etwa eine globale Pandemie. So mussten einige Konzepte neu gedacht werden, da sie im Zuge von Corona ein eventuelles Risiko darstellten: Medienstationen, die zum Erkunden der hiesigen Modelandschaft einladen sollten, wurden beispielsweise umfunktioniert und können daher von Besucher*innen nicht mehr über einen vielfach angefassten Touchscreen bedient werden. Und trotzdem nahm die Ausstellung endlich so richtig Form an, nachdem das Team mehrere Jahre an der Ausstellung gearbeitet hatte, wurden die auf Papier gebrachten Visionen Realität.
Closed but open
Die Ausstellung konnte wie geplant am 24. Oktober letzten Jahres eröffnet werden. Da ein Regelbetrieb nicht möglich war, wurden Hygienekonzepte für den Ausstellungsbetrieb entwickelt und der Zugang zu den Ausstellungsräumen reguliert, damit sich nicht zu viele Personen auf der Fläche aufhalten. Nach nur neun Öffnungstagen mussten wir aufgrund der Entwicklungen, die den Alltag und das Berufsleben seit einem Jahr enorm verändern, zum Schutz der Besucher*innen und der Mitarbeiter*innen dennoch schließen.
Das bedeutete aber nicht, dass niemand die Ergebnisse der Arbeit sehen konnte: unter Hochdruck erstellten wir in Teamarbeit eine Tour, die Besucher*innen die Ausstellung digital zugänglich machte. Regelmäßige Livestream-Talks und digitale Touren ermöglichten weitere vertiefende Einblicke.
Hospitanz in der Abteilung Kommunikation & Kulturvermittlung
Im Rahmen des Fortbildungsprogramms, das aus einer Reihe an Schulungen und Workshops besteht, lernt man die unterschiedlichen Abteilungen, Bereiche und Themen, die das Haus betreffen, kennen. Positiver Nebeneffekt ist, sich mit den anderen Volontärinnen auszutauschen.
Ursprünglich fest an eine Abteilung angebunden, gibt es noch die Hospitanz, in der man temporär einer freigewählten Abteilung des Hauses angehört und dort arbeitet. Ich entschied mich für die Abteilung Kommunikation & Kulturvermittlung mit dem Schwerpunkt Marketing.
Ich erstellte Pressemitteilungen, schrieb Texte für Flyer und Website für kommende Ausstellungen und erarbeitete Inhalte für die Social Media Kanäle des Hauses. Zudem lernte ich über den Tellerrand der rein kuratorischen Arbeit hinauszusehen und lernte die Strukturen und Bedürfnisse der Abteilung kennen.
Von der Ausstellungsgestaltung über die Öffentlichkeitsarbeit bis zur Konzeption der Führung und der Tour für den Multimediaguide, durfte ich nicht nur überall dabei sein, sondern auch eigene Projekte verantworten. Nun weiß ich, dass sich für so ziemlich jedes Problem eine Lösung findet und krisenerprobt bin ich dank Corona auch. Die Ausstellung schaue ich mir noch einmal in aller Ruhe an– dann aber als Besucherin! Zeit genug bleibt ja dank der Verlängerung bis April 2022.
Ein spannender Rückblick auf eine aufregende Volontariatszeit. Danke Marie!