Numismatische Höhenunterschiede – und wie wir sie überwunden haben

Die Numismatik, die Münzkunde, ermöglicht immer wieder eine Reise durch Raum und Zeit. An Münzen und Medaillen lässt es sich gut durch die Geschichte und die Welt hangeln. Für unsere Zeit im Münzkabinett mussten wir diesmal allerdings nicht weit in die Vergangenheit reisen, sondern starteten direkt in der Gegenwart. Schnell wurde jedoch klar, dass wir uns auf einer Berg- und Talfahrt befanden.

Zwei Medaillen wie Berg und Tal

Von der Ebene bis ins Hochgebirge:
eine numismatische Wanderung

Die Medaillen, die wir dank der Gitta-Kastner-Stiftung bearbeiten konnten, stammen vom Medailleur Victor Huster, der in Baden-Baden eine Medailleurswerkstatt betreibt. Hier entstanden in über 40 Jahren zahlreiche Gedenkmünzen, Medaillen und Wettbewerbsstücke.
Eines der besonderen Merkmale der Medaillen Victor Husters ist das Spiel mit der Oberfläche. Während „herkömmliche“ Medaillen meist glatte, nur durch geringe Struktur ausgezeichnete Flächen und Bilder aufweisen, bricht Huster in seinen Stücken mit dieser Tradition in gänzlich neuartiger Weise. Seine Medaillen sind gekennzeichnet von tiefen Furchen, überraschenden Hochreliefs und verschlungenen Pfaden, wie sie nie bei einer Medaille zu erwarten wären. In den kleinsten Details der Huster‘schen Medaillen verbergen sich Botschaften, Jahreszahlen und Symbole, die jede Medaille zu einer kleinen Landschaft werden lässt, die es zu durchwandern gilt.

Dabei fiel uns immer wieder eines ins Auge: die Vielfältigkeit der Formen, Größen und Darstellungsweisen, die uns auf unserer Wanderung durch die Schubladen des Münzkabinettes begegneten. Vergleicht man etwa die beiden Medaillen auf Gustav Mahler und Wolfgang Amadeus Mozart, so sind wir unsicher, ob feste Wanderschuhe oder luftige Ballerinas ins Reisegepäck gehören. Während die Medaille auf Gustav Mahler in kluftige Schluchtenlandschaften führt, mutet die Medaille auf Amadeus Mozart wie ein Spaziergang durch den Salzburger Mirabellengarten an.

Eine Foto-Gondel treibt es auf die Spitze

Die Besonderheiten der Medaillen und ihrer „Landschaften“ wurden für uns jedoch auch zur wahren Herausforderung. Für die Bearbeitung der Medaillen nämlich sollten auch Fotos gemacht werden, die die Stücke möglichst anschaulich wiedergeben. Gar nicht so einfach, bedenkt man die unterschiedlich hoch ausgestalteten Oberflächen der Medaillen. Das Fotografiergerät, das normalerweise in unserem Basislager, dem Münzkabinett, zum Einsatz kommt, konnte den Höhenunterschied der Medaillen kaum überwinden. Zu groß waren Spiegelung und Verzerrungen.

Zwei Numismatikerinnen auf Reise.

Ein neues Gerät musste her! Für drei Wochen liehen wir eigens ein ähnliches, aber deutlich größeres Gerät aus, um den neuartigen Dimensionen und Reliefs gerecht zu werden. Der Trick: Wie eine Seilbahn kann die Kamera in luftige Höhen fahren, um von der Bergspitze die Hügellandschaft einzufangen.

Ein digitaler Wanderurlaub

Nach dem Fotografieren folgte für uns der zweite Teil der Arbeit. Wir nahmen die Medaillen in eine Datenbank auf, um ihnen neben ihrer analogen Existenz in zahlreichen Schubladen im Münzkabinett, auch ein digitales Dasein zu ermöglichen. In drei Wochen haben wir so über 700 Medaillen und sogar einige ihrer Prägestempel aufgenommen.

Wenn euch nun das Fernweh gepackt hat, könnt ihr die Höhenmeter der Huster’schen Medaillen ganz bequem von der Couch aus erklimmen! Bei museum digital haben wir die Pfade ausgeschildert und begehbar gemacht – ganz ohne Blasen an den Füßen, schwerem Trekkingrucksack und Nordic Walking-Stöcken. Die Medaillen von Victor Huster sind garantiert einen Ausflug wert!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.