Puh, eine aufregende Reise nach New York liegt hinter uns! Doch von vorne: Im Oktober 2019 sind wir zu viert im Alten Schloss in Stuttgart aufgebrochen, um die grandiose Ausstellung „Making Marvels“ im Metropolitan Museum zu bereichern. Und das haben wir! Aber wie unhöflich, ich habe ja ganz vergessen, uns vorzustellen! Wir, das sind: Die Kaisermonumentuhr, die Jamnitzer- Waage, der Drachenpokal, und meine Wenigkeit, der Globuspokal. Da wir hier ja unter uns sind, verwende ich unsere Spitznamen.
Trinkgefäße unter sich
Mit mir konnte man aus der ganzen Welt trinken – sagt meine griechische Inschrift! Beim Drachenpokal, da hat der Künstler – wir wissen nicht genau, ob er aus den Niederlanden stammte – doch einfach aus einer Turbanschnecke (Turbo marmoratus) und einer Spinnenschnecke (Lambis Chiragra) einen faszinierendes Trinkgefäß geschaffen. Und Phantasie hatte er: aus der Spinnenschnecke gestaltete er einen Drachen, auf dem ein teuflischen Meereswesen reitet und ihn frech am Schwanz zieht. Da würde wohl jeder fauchen, so wie der Drache.
Mit Trinkgefäßen wie uns beiden begrüßte man in der Renaissance und im Barock gerne wichtige Gäste, meist aus dem Adel. Und wir zwei und die beiden anderen in unserem Team standen auch alle in herzöglichen und königlichen Schlössern, denn so was wie uns konnte sich nicht jeder leisten – „Kaisermonumentuhr“ – sagt schon alles, nicht wahr?
Früher eine Reise von Monaten, heute in einem Tag
Doch ich komme ins plaundern, eigentlich wollte ich ja von unserer Reise erzählen! Von Stuttgart ging es nach Frankfurt, dort trafen wir die Freunde aus anderen Museen und mit dem Flugzeug waren wir ganz exklusiv unterwegs nach New York. Hier fühlten wir uns ganz wohl zwischen all den Menschen aus aller Herren Ländern. Und dann erst die Gesellschaft in der Ausstellung! das who is who der Museen war hier vereint – wir trafen Freunde aus dem Grünen Gewölbe in Dresden, den Museen in Kassel oder dem Kunsthistorischen Museum in Wien, diverse Objekte aus den ehemaligen Kunstkammern ihrer damaligen Fürsten. Wir stammen zum Teil ja auch aus der Kunstkammer der Herzöge von Württemberg. Und das war schon etwas besonderes so vereint mit Verwandten, das hat man schließlich nicht oft.
Verwandte entdeckt!
So habe ich doch tatsächlich die Schwester unserer daheimgebliebenen Freundin, der Schildkröte, getroffen. Sie fuhren früher als Tischautomaten über die fürstlichen Tafeln und animierten die Gäste zum Trinken! Was soll man auch tun, wenn die Feste Tage dauerten und sich die Essen über viele Stunden zogen, begleitet von Tanz und Musik. Ich muss der Daheimgebliebenen unbedingt erzählen, wie das kleine Männlein auf ihrem Rücken hrer Schwester ausgesehen hat, denn unsere Freundin vermisst ihren verschollenen Reiter schmerzlich. Die Schwester wohnt im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg und stammt vom selben Künstler, Leodegar Grimaldo (nachweisbar 1601-1638). Der floh damals wegen des Verdachts der Falschmünzerei aus Stuttgart. Das war vielleicht ein Skandal, ein Hofkünstler… aber das führt hier zu weit.
Von Allen bewundert
Ein stiller Star war natürlich wieder unsere Jamnitzer- Waage. Sie wurde sehr bewundert, sagte der Kurator der Ausstellung, Dr. Wolfram Koeppe. Überhaupt waren alle sehr dankbar, dass wir gekommen waren und zum Glanz der Präsentation beigetragen haben. War aber auch spektakulär, wirklich! Ungefähr 200.000 Menschen haben uns im MET gesehen, da hilft man ja gerne!
Aber nun sind wir mit unserer Kuratorin zurück in Stuttgart, und sie und ihre Kollegin freuen sich auch mächtig über unsere Rückkehr. Denn wir haben es doch gerade noch geschafft bevor alle Grenzen wegen des Corona-Virus geschlossen wurden. Das berührt uns als Objekte natürlich viel weniger als die Menschen, aber wir haben dafür ein langes Gedächtnis. Nun ist es wie damals, in Zeiten der Pest, das kennen wir, damals wurden ganze Landstriche entvölkert, es gab keine Medizin zur Heilung, die Menschen flohen, wenn sie konnten, aufs Land. Heute ist das ein bisschen besser, haben wir von unseren BetreuerInnen gehört, es gibt Krankenhäuser und die medizinischen Hilfsmittel sind auch viel besser als damals. Aber auch jetzt musste das Museum geschlossen werden zur Vermeidung der schnellen Ausbreitung. Schade, wir hatten uns gefreut, wieder in heimischen Gefilden bewundert zu werden. Aber jetzt ist etwas anderes wichtig, nämlich zu Hause zu bleiben und damit die Kranken und Schwachen zu schützen.
Wir können warten…
Wir reisen nicht so schnell wieder weg, sondern warten hier auf euch, wenn Ihr uns wieder besuchen dürft, darauf freuen wir uns schon sehr! Und dann können wir ja noch ein wenig plaudern, vielleicht über den einen oder anderen Skandal von damals oder andere interessante Geschichten. Bis dahin könnt Ihr ja einen ganz virenfreien digitalen Streifzug durch unsere Sammlung online oder eine virtuellen Rundgang machen oder euch unten unsere Freundin, die Schildkröte, in voller Fahrt ansehen. Viel Spaß dabei und hoffentlich auf bald, bleibt gesund!
Liebe Frau Küster-Heise,
soooo nett geschrieben! Mit diesem cliffhanger will ich unbedingt wissen, wie es bei dem Familienclan weitergeht! Da könnte man wie bei Netflix-Serien süchtig werden 😊!
Liebe Grüße
E. Albat
Liebe Frau Albat,
herzlichen Dank, schön, dass es Ihnen gefallen hat. Ich kann Ihnen verraten, dass alle wieder in ihrer gewohnten Umgebung sind und sich in ihren vertrauten Vitrinen sehr wohl fühlen. Sicher geben sie vor den anderen Objekten mit denen sie sich die Vitrinen teilen auch ein bisschen an.;-)
Besuchen Sie doch unserer Ausstellungen, wenn es wieder möglich ist. Wir arbeiten z. Zt. an einem neuen Multimediaguide, mit dem man dann viele interessante Geschichten im Museum entdecken kann. Wir freuen uns auf Sie!
Beste Grüße
Katharina Küster- Heise