Fantastische (Pudel-)Medaillen und wo sie zu finden sind – Digitalisierung der Stuttgarter Medaillen im Münzkabinett

Abb. 1: Die Medaillen sind in Schubladen geordnet und werden fotografiert und der Datenbank einverleibt.

Hier sitzen wir und starren auf Pudel! Wenn man sich mit der Numismatik befasst, zählt der Pudel wohl nicht unbedingt zu den ersten Assoziationen mit Münzen, Marken oder Medaillen. Dennoch ist der zottelige Vierbeiner auch hier präsenter, als man zunächst vermuten mag.

Im Rahmen des Digitalisierungsprojektes von Stuttgarter Medaillen begegneten uns so einige spannende (selten auch weniger spannendere) Exemplare aus dem Zeitraum vom 18. bis 20. Jahrhundert. Die Medaillen werden hierbei der museumsübergreifenden Datenbank museum-digital zur Verfügung gestellt. Doch bis die sehr haptischen Medaillen in digitaler Form erscheinen, müssen noch einige Arbeitsschritte unternommen werden.

Kleine Medaillen erfordern große Verantwortung – große Hände überfordern kleine Handschuhe

Abb. 2: Eigens für den Verfasser des Beitrags beschaffene Handschuhe in XL

Der erste Schritt ist also die Medaillen zu fotografieren. Mit großer Sorgfalt sowie in der Regel auch mit passenden Handschuhen (auch für große Handgrößen bietet das LMW geeignete Ausrüstung) werden die Medaillen unter das Fotogerät gelegt und ausgerichtet. Der Auslöser wird gedrückt, Vorder- und Rückseite in diversen Ausleuchtungen fotografiert und schon ist die erste Etappe erledigt.

Die entstandenen Fotos werden anschließend in die museumsinterne Bilddatenbank Cumulus überspielt und danach mit den entsprechenden Objekten in der ebenfalls zunächst museumsinternen Objektdatenbank Imdas verknüpft.

 

Zu den vielen verschiedenen Medaillen stellen wir dann Recherchen an, indem wir diverse Publikationen, Auktionskataloge oder -plattformen und kompetentes Fachpersonal konsultieren. Die Informationen werden in Imdas hinterlegt, und schließlich dürfen wir einen kurzen Text für museum-digital verfassen.

 

Abb. 3: Aufnahme der Medaillen mit dem Fotogerät

 

Medaille: Zeichnung eines Pudels und Text mit Nennung des Anlass der Medaille

Abb. 4: Schicke Medaille für den schicken Vierbeiner: Die Medaille zur Pudelspezialsiegerausstellung 1960.

Mit dabei sind beispielsweise die Eye-Catcher des Münzkabinetts, die Medaillen zur Pudelspezialausstellung in der Wilhelma. (Funfact am Rande: Diese sollte ursprünglich El Wilhelmi heißen, da die Gebäude im maurischen Stil errichtet wurden. Wilhelm war kein Fan – und so wurde aus El Wilhelmi die etwas handzahmere Wilhelma. Dies ist nur einer der vielen Randomfacts, die wir dank dieses Projekts lernen durften und die uns in zukünftigen Kneipengesprächen intelligent und eloquent wirken lassen werden.)

 

 

Es sind jedoch auch ältere Modelle dabei (Nein, nicht das Fachpersonal!). Zu diesen gehören beispielsweise die Stuttgarter Stadtmedaille und die vielen Klippen mit diversen Stuttgarter Stadtansichten aus dem 18. Jahrhundert. Oder die Medaillen auf die Württembergische Landesgewerbeausstellung 1881, bei der insgesamt rund eine Millionen Besucher*innen zu verzeichnen waren, und für die eigens die Gewerbehalle gebaut wurde.

Medaillen, Medaillen, Medaillen – keine Münzen!

Medaille: Darstellung eines lesenden Schülers, gewerbliche Attribute und Nennung Jubiläums als Anlass

Abb. 5: Jubiläumsmedaille mit lesendem Schüler, Vorderseite.

Zu den weiteren Schätzen des Münzkabinetts gehören diverse Jubiläumsmedaillen, die beispielsweise im Rahmen des 150-jährigen Bestehens der Universität Stuttgart vergeben wurden. Die Gründung der Universität Stuttgart geht auf Wilhelm den I. von Württemberg zurück, welcher im Jahr 1829 die Erweiterung der damaligen Realschule veranlasste. Zu sehen sind auf diesen Medaillen beispielsweise gewerbliche Attribute wie Zahnräder oder Zirkel, aber auch antike Ahnengeister, wie der römischer Genius.

Auch diverse Stuttgarter Vereine liegen in Medaillenform verewigt im Münzkabinett des LMW. Dazu zählt die Medaille auf das 50-jährige Jubiläum des Polizeisportvereins und die Plakette auf den 2. Platz im Hundertmeterlauf des T.V. Zazenhausen im Jahr 1922. Ein weiteres Schmankerl bietet der Avers der Medaille auf den Württembergischen Kanarienzüchterverbandes: Darauf zu sehen ist ein schöner Kanarienvogel mit der Umschrift „FÜR VERDIENSTVOLLE LEISTUNGEN“. Welche Leistungen des Vogels oder des Frauchens dies sind, wird wohl leider ein Geheimnis des kleinen Singvogels bleiben.

Langsam neigt sich die Zeit dieses Projekts leider dem Ende zu. Zum Abschluss können wir locker die gesamte KuK-Abteilung des LMWs vom klirrenden Inhalt unseres Marmeladenglases zu einem Kaffee einladen. In dieses wurde nämlich bei jedem Mal, bei dem ein Objekt fälschlicherweise als „Münze“ statt als „Medaille“ bezeichnet wurde, eine 50-Cent Münze geworfen (Münzen sind Zahlungsmittel, Medaillen nicht!). In diesem Sinne: Bis zum nächsten Münzprojekt! (… äh … Medaillenprojekt …)

 

Abbildungsnachweis und Nutzungsbedingungen

Abb. 1-3: Landesmuseum Württemberg, Rahel Adel, Christian Lang (CC BY SA 4.0)
Abb. 4-5: Landesmuseum Württemberg, Münzkabinett (Public Domain Mark 1.0)

 

4 Kommentare zu “Fantastische (Pudel-)Medaillen und wo sie zu finden sind – Digitalisierung der Stuttgarter Medaillen im Münzkabinett”

  1. Ich finde es sehr schön, dass nicht nur Münzen, sondern auch Medaillen einen Platz im Museum und in der digitalen Dokumentation haben. Eines möchte ich aber zu Bedenken geben: Wenn man solche Stücke in die Hand nimmt, um sie digital zu verewigen, so wäre es heutzutage angebracht, ergänzend eine dreidimensionale Erfassung mittels Laserscanner durchzuführen. Das hätte immerhin den Vorteil, dass man bei Verlust des Originals mit dem 3-D-Drucker einen Ersatz schaffen kann. Und in die ferne Zukunft gedacht: Wenn Münzen durch das Fortschreiten digitaler Zahlungsmethoden ihre Bedeutung verlieren, käme vielleicht infrage, eine analoge Ersatzwährung auf der Basis von Pudelmedaillen einzuführen.

    1. Lieber Herr Künzer,
      vielen Dank für Ihren Kommentar und die interessanten Anregungen!
      Für die Erfassung der Münzen und Medaillen haben wir ein spezielles Münzfotogerät, mit dem wir schnell und kostengünstig 2D-Aufnahmen anfertigen können. Auf Abb. 1 und Abb. 3 ist zu sehen, wie unsere beiden wissenschaftlichen Hilfskräfte mit dem Fotogerät schubladenweise Objekte fotografieren. Die technischen Vorrichtungen, um in größerer Auflage auch 3D-Aufnahmen zu machen, gibt es leider nicht.
      Mit Pudelkreuzern oder ähnlichen Nominalen zu zahlen, ist aber eine sehr schöne Vision.
      Herzliche Grüße,
      ihr Team vom Landesmuseum Württemberg

      1. Hallo Frau Schiefer,

        mittlerweile sind 3-D-Aufnahmen in vielen Bereichen Standard. Ich habe mir vor ein paar Tagen an einem meiner Zähne eine neue Krone anbringen lassen. Die Form der Krone wurde durch digitales Abtasten des Zustands vor der Erneuerung gefunden. Was ich damit sagen möchte: Wenn das Museum vor vielen Jahren eine spezielle Kamerareinrichtung gekauft hat, entsprechen die Bilder vielleicht nicht mehr dem heutigen Standard einer museumsgerechten Dokumentation. Wobei ich zugeben muss, dass Ihre Bilder von vorzüglicher Schönheit sind.

  2. Lieber Herr Künzer, die 2D-Aufnahmen, die wir mit unserem speziellen Münzfotogerät anfertigen können, sind für diese Zwecke immer noch Standard in unserer Arbeit und für Printpublikationen wie für Online-Veröffentlichungen mehr als ausreichend. Eine Erweiterung unserer technischen Ausstattung war leider bislang aus Kostengründen nicht möglich. Es wird aber natürlich regelmäßig geprüft, welche Anschaffungen mit dem zur Verfügung stehenden Budget möglich sind. Nochmal vielen Dank für den Hinweis und den Vorschlag. Wir sind natürlich immer bemüht, unsere Arbeit auf Basis der aktuellen technischen Möglichkeiten durchzuführen. Ihr Team vom Landesmuseum Württemberg

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