Wie wird man als Landesmuseum einem historischen Ereignis gerecht, das schon 500 Jahre zurück liegt und zu dem es nur wenige Originalexponate und Quellen gibt? Von dem nur noch wenige wissen, dessen Spuren aber bis in unsere Zeit reichen? Mit einer Ausstellung im Alten Schloss oder besser an den Schauplätzen der historischen Ereignisse – oder gleich im ganzen „Länd“? Oder doch im Netz? Unsere Antwort lautet: Ja!
Liebe Leserinnen und Leser, herzlich willkommen zu einer ersten Vorschau auf das größte Ausstellungsprojekt in der Geschichte des Landesmuseums Württemberg: „500 Jahre Bauernkrieg“. In dem kommenden zwei Jahren werden wir Ihnen in loser Folge berichten, was wir alles zu diesem Thema vorhaben. In diesem ersten Artikel möchten wir Ihnen einen Überblick geben und das Team vorstellen.
Der Bauernkrieg – „Revolution des gemeinen Mannes“

Plünderung des Klosters Weißenau. Ausschnitt aus der Weißenauer Chronik von 1525. © picture alliance / Artcolor | Toni Schneiders
In den Jahren 1524 und 1525 erhoben sich Bauern, Städter und Bergknappen gegen Leibeigenschaft, religiöse Unfreiheit und die Ausbeutung durch ihre Feudalherren. Erstmals in der deutschen Geschichte wurden im „Bauernkrieg“ universale Freiheitsrechte gefordert und eine allgemeine Gleichheit aller Menschen postuliert.
Befeuert durch die Ideen der Reformation und die Möglichkeiten des aufkommenden Buchdrucks, entwickelte diese „Revolution des gemeinen Mannes“ eine bis dahin nicht gekannte Reichweite und kann als die erste Massenbewegung der deutschen Geschichte bezeichnet werden.
Der „Bauernkrieg“ im Südwesten
Die Proteste weiteten sich, anders als in den Jahrzehnten davor, zu einem Flächenbrand, der ganz Süd- und Mitteldeutschland erfasste. Zentrale Schauplätze waren u. a. der Schwarzwald, der Kraichgau, Alt-Württemberg, der Breisgau, der Hegau, Tauberfranken und vor allem Oberschwaben. Auf zunächst friedliche Proteste folgte die Plünderung und Zerstörung von hunderten Burgen und Klöstern. Am Ende schlugen die Truppen der adligen Streitmächte die „Bauernhaufen“ in blutigen Schlachten nieder, an die 100.000 Menschen wurden getötet.
Zeitenwende am Ende des Mittelalters

Protest in Kairo während des „Arabischen Frühlings“, 2011. © Essam Sharaf
Trotz der Niederlage der Aufständischen blieb der „Bauernkrieg“ als Zäsur im kollektiven Gedächtnis verankert. Eine Utopie war in der Welt, inspirierte spätere Revolutionen in ganz Europa und wirkt bis heute nach.
So eröffnet der Blick auf 1524/25 Perspektiven von geradezu erstaunlicher Aktualität und wirft Fragen auf: Was lernen wir aus der Geschichte für heute? Worin erkennen wir uns selbst wieder? Was treibt Menschen dazu an, sich zu erheben?
Diesen und anderen Fragen gehen die Ausstellungen des Landesmuseums Württemberg 2024/25 in vielfältiger Weise nach:
Die Ausstellungsprojekte

Ausstellung „PROTEST!“: Intro (Entwurf). © Landesmuseum Württemberg, Sigi Colpe
„PROTEST!“
Von Oktober 2024 bis Mai 2025 wird sich im Landesmuseum Württemberg die Erlebnisausstellung „PROTEST! Von der Wut zur Bewegung“ mit Protestbewegungen der jüngeren Geschichte beschäftigen. Wenn gemeinsame strukturelle Abläufe und Konfliktfelder betrachtet werden, dient der „Bauernkrieg“ als Ausgangspunkt und historisches Beispiel.

Kloster Schussenried. © Landesmuseum Württemberg, Dennis Hughes
„UFFRUR!“
Anschließend ist das Landesmuseum im Kloster Bad Schussenried zu Gast: Von April bis Oktober 2025 wird die Ausstellung „UFFRUR! Utopie und Widerstand im Bauernkrieg 1524/25“ die kulturhistorischen Hintergründe des „Bauernkriegs“ auffächern. Acht Protagonist*innen dieser Zeit spiegeln unterschiedliche Positionen im „Bauernkrieg“ wider und zeigen, wie Menschen des frühen 16. Jahrhunderts Freiheit und Gerechtigkeit definierten.

Der Bauernkrieg auf Instagram. © abillion auf Unsplash
Das Digitalprojekt
Die acht Protagonist*innen der Ausstellung im Kloster Schussenried können Sie parallel in einem einzigartigen Digitalprojekt näher kennenlernen:
Auf Instagram werden bekannte Akteure wie Georg von Waldburg-Zeil und Götz von Berlichingen, aber auch einfache Bauern und Aktivistinnen aus ihrer jeweiligen Perspektive von den damaligen Ereignissen, ihren Motiven, Zielen, Ängsten und Hoffnungen berichten.

Bewaffnete Bauern um 1525. © LMZ020311
Die Roadshow
Die Große Landesausstellung kommt auch „analog“ zu Ihnen: Mit einer Roadshow und einem unterhaltsamen Programm folgen wir den Zügen der Bauernhaufen, um an zentralen Orten des „Bauernkriegs“ an die historischen Ereignisse zu erinnern und aktuelle Fragen zu Freiheit und Demokratie aufzugreifen. Die Roadshow wird gefördert durch die Baden-Württemberg Stiftung.
Wir haben also einiges vor. Mehr zu den einzelnen Projekten stellen wir Ihnen hier im Blog im Laufe der nächsten Monate vor. Wir – das sind übrigens:
Das Team
… bzw. „die Teams“: An einem Projekt dieser Größe arbeiten viele mit. Nicht alle können wir hier vorstellen. Stellvertretend präsentieren sich heute zunächst die Kurator*innen.

Team „PROTEST!“, © Landesmuseum Württemberg, Jonathan Leliveldt

Team „UFFRUR!“, © Landesmuseum Württemberg, Jonathan Leliveldt

Team „Digital“, © Landesmuseum Württemberg, Jonathan Leliveldt

Team „Roadshow“, © Landesmuseum Württemberg, Jonathan Leliveldt
Neugierig, wie es weiter geht?
Bleiben Sie dran und abonnieren Sie unseren Blog – den Link finden Sie am Ende dieser Seite. Alle Blogbeiträge zur Großen Landesausstellung 2024/25 finden Sie hier.
Weiter aktuelle Informationen finden Sie immer auch auf unserer Homepage www.landesmuseum-stuttgart.de unter „Vorschau“.
Sie haben Fragen zur Großen Landesausstellung „500 Jahre Bauernkrieg“? Wir freuen uns auf Ihre Nachricht – am einfachsten geht es mit dem Kommentar-Feld weiter unten auf dieser Seite.
Die Große Landesausstellung „Der Bauernkrieg 1524/25“ wird gefördert aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, sowie durch die Baden-Württemberg Stiftung.
Das geplante Programm sieht gut aus und ich freue mich drauf. Ist denn bei der Road Show auch eine Veranstaltung in Stühlingen vorgesehen?
Liebe Frau Würth,
vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihr Interesse. Die Roadshow wird im Jahr 2025 stattfinden und ist noch in der Planung. Die Orte stehen daher noch nicht fest. Bleiben Sie dran – mehr Informationen folgen!
Viele Grüße
Dennis Hughes
Landesmuseum Württemberg
Finde das Projekt zur Großen Landesausstellung
für nächstes Jahr gut. Vergeßt den Maler jerg Rathgeb nicht
und seiner Herrenberger Altar nicht.
Auch die Schlacht bei Böblingen nicht.
Außerdem das Bauernkriegsmuseum in Böblngen nicht.
Lieber Herr Griessbach,
aber nein, wir vergessen doch den Ratgeb nicht! Ganz im Gegenteil, er wird eine sehr prominente Rolle in der Ausstellung spielen! Und wie es zur Schlacht bei Böblingen gekommen ist – das werden wir uns in der Ausstellung ganz genau ansehen.
Aber dennoch besten Dank für die Erinnerung, wir freuen uns immer über Feedback und Zuspruch!
Beste Grüße
Marco Veronesi, Landesmuseum Württemberg
Halölle zusammen,
an der S-Bahn-Haltestelle auf beiden Seiten zur Schlacht bei Böblingen
Hinweistafeln angebracht.
Besonders zuerwähnen ist das „Bauernkriegsmuseum“.
Nachtrag: Die Haltestelle heißt „Goldberg“, wo die besagten Tafeln stehen.
Das Jubiläum wäre der perfekte Gelegenheit, die Bauernoper von Yaak Karsunke wieder aufzuführen. Muss der 70er entstanden, lief sie z.b. im Frankfurter Theater Turm jahrelang, ich habe sie als Student mehrfach gesehen. Bei der 150. Jubiläumsvorstellung kam Karsunke, wir Zuschauer könnten alle Lieder mitsingen. Ich hatte eine Platte von einer Aufführung in Tübingen, meine ich. Die Kassette davon lief jahrelang bei Autofahrten, auch meine Kinder konnten dann einen Großteil der Lieder mitsingen.
Sehr geehrter Herr Glaap,
vielen Dank für Ihre Nachricht!
Das sehen wir auch so und würden uns sehr freuen, wenn die Bauernoper wieder aufgeführt wird. So weit wir wissen, gibt es in mehreren Gemeinden und Theatergruppen Überlegungen, die Bauernoper und auch neue Theaterstücke über den Bauernkrieg aufzuführen. Konkrete Infos und Daten haben wir aber auch noch nicht. Wir sind gespannt und werden sicher davon hören, wenn es so weit ist.
Viele Grüße,
Dennis Hughes