„Ein gut Theil Eigenheit“: Sonderausstellung über die Lebenswege früher Archäologinnen

Von der Ausgrabung über den Schreibtisch bis tief in ein Museumsdepot – Frauen sind und waren seit langer Zeit ein wichtiger Teil der Archäologie.

Die schwarz-weiße Portrait-Zeichnung zeigt eine junge Frau mit lockigen, zurückgebundenen Haaren. Sie trägt ein edles Kleid, ihr Blick geht in die Ferne und ihre rechte Hand ist hinter dem Kopf abgestützt.

Abb. 1: Sybille Mertens-Schaaffhausen (1797-1857) gilt als die „erste Archäologin“ Deutschlands.

Aber nicht immer konnten sie so arbeiten wie das heute möglich ist. Bis zum 9. März 2025 zeigen wir im Landesmuseum Württemberg daher die Sonderausstellung „Ein gut Theil Eigenheit. Lebenswege früher Archäologinnen“. Ausgewählte Biografien von seit dem späten 18. Jahrhundert archäologisch tätigen Frauen zeigen, auf welchen Wegen sie in das Feld der Archäologie und Altertumskunde gelangten; und das lange bevor Frauen an den Universitäten zugelassen waren, lange bevor Archäologie als akademisches Fach etabliert war. Viele dieser Frauen waren zu ihrer Zeit wegen ihrer Fachkenntnis und ihrer Beiträge zur Wissenschaft hoch geschätzt.

Andere blieben im Schatten ihrer Ehemänner oder Vorgesetzten. Heute sind sie und ihre Pionierleistungen in der Öffentlichkeit kaum mehr bekannt. Mit diesem Blogbeitrag wollen wir euch einen ersten Einblick in das Thema und dessen Relevanz auch außerhalb des speziellen Feldes der Archäologie geben. Denn es geht um Frauen- und Mädchenbildung ebenso wie um frühe Karrierewege von Frauen.

Die Idee der Ausstellung

Ausgräberinnen, Forscherinnen, Sammlerinnen – Frauen spielten von Anfang an eine bedeutende Rolle in der deutschsprachigen archäologischen Wissenschaft. Ihre Beiträge wurden durchaus wahrgenommen und geschätzt.

Die schwarz-weiß Fotographie zeigt eine Frau mittleren Alters in einem Kleid mit hoch abgeschlossenem Kragen. Ihre Haare sind streng zurückgebunden und in der rechten Hand trägt sie locker einen Fächer.

Abb. 2: Johanna Mestrorf (1828-1909) wurde als erste Frau in Preußen Direktorin eines Museums.

Über die Jahrzehnte jedoch gerieten sie und ihre Forschungen in Vergessenheit.
In der allgemeinen Wahrnehmung ist Archäologie vorwiegend männlich. Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen, deren Namen viele kennen, sind die frühen Archäologinnen heute größtenteils aus dem Gedächtnis der Öffentlichkeit verschwunden.
Ziel der Ausstellung ist es, Archäologinnen sowie ihre Lebenswege und Leistungen sichtbarer zu machen. Beispielhaft zeigt sie Biografien von frühen Archäologinnen aus dem deutschsprachigen Raum, die in unterschiedlichen Feldern der Archäologie wirkten.

Tiefer in das Thema eintauchen können Besuchende über unsere spannenden Führungsformate!

Das Forschungsprojekt

Das schwarz-weiße Bild zeigt eine stehende Frau in einer antik anmutenden Tunika, ihr Blick geht auf eine Schale in ihrer linken Hand, in der rechten Hand hält sie einen langen, dünnen Stab. An den Füßen trägt sie Ledersandalen. Im Hintergrund sind lange Vorhänge zu sehen, sie erinnern an Theatervorhänge.

Abb. 3: Margarete Bieber (1879-1978) gilt als Pionierin des Frauenstudiums.

Hinter der Ausstellung steht das Forschungs- und Vermittlungsprojekt „AktArcha – Akteurinnen archäologischer Forschung zwischen Geistes- und Naturwissenschaften: im Feld, im Labor, am Schreibtisch“ (Universität der Bundeswehr München, gefördert im BMBF Themenschwerpunkt „Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation: Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern“). Die beiden Projektmitarbeiterinnen Apl. Prof. Elsbeth Bösl und PD Dr. Doris Gutsmiedl-Schümann erforschen seit drei Jahren die Lebenswege deutschsprachiger früher Archäologinnen. Sie haben eine Wanderausstellung konzipiert, die als mobile Posterausstellung auf Roll-Ups bereits seit November 2022 in Deutschland unterwegs ist. Die erste dauerhafte Umsetzung des Themas erfolgte im Museum August Kestner in Hannover (19.5.2023 bis 14.1.2024); und ist nun auch im Landesmuseum Württemberg zu sehen.

Einzelne frühe Archäologinnen

Beispielhaft werden in der Ausstellung Biografien von Frauen aus dem deutschsprachigen Raum vorgestellt.

Das schwarz-weiße Bild zeigt eine Frau mit zurückgebundenen Haaren. Sie sitzt an einem Schreibtisch und betrachtet ein archäologisches Objekt. Vor ihr liegen zwei Schwerter, im Hintergrund kann man Regale mit Büchern und Unterlagen erahnen.

Abb. 4: Gertrud Dorka (1893-1976) an ihrem Schreibtisch in der Ruine des ehemaligen Völkerkundemuseums in Berlin.

Sie wirkten in unterschiedlichen Feldern der Archäologie. Als „erste Archäologin Deutschlands” kann Sibylle Mertens-Schaaffhausen (1797-1857) benannt werden (Abb. 1). Sie entstammte aus dem gehobenen rheinischen Bürgertum, baute umfangreiche Sammlungen von antiken Gegenständen, Kunstschätzen und Literatur auf. Aufgrund ihres Fachwissens war sie international renommiert. Als erste Frau in Preußen wurde die Prähistorikerin Johanna Mestorf (1828-1909) Direktorin eines Museums (Abb. 2). Den Titel „Professor“ verlieh ihr Kaiser Wilhelm II. für ihre Verdienste um die Vorgeschichte Norddeutschlands. Margarete Bieber (1879-1978) war die erste Professorin für Klassische Archäologie in Deutschland. Kaum etabliert, wurde sie von den Nationalsozialisten aus der Universität vertrieben und wanderte nach USA aus (Abb. 3). Die erste Direktorin eines staatlichen Museums in Deutschland wurde die Prähistorikerin Gertrud Dorka (1893-1976). Im deutschen Kaiserreich geboren, durchlebte sie zwei Weltkriege und mehrere politische Systeme (Abb. 4). Sie arbeitete zunächst als Lehrerin, bevor sie 1947 Museumsdirektorin im geteilten Berlin wurde. Als erste Person überhaupt erforschte die gebürtige Dresdnerin Maria Reiche (1903-1998) ab Ende der 1940er Jahre die berühmten prähistorischen Nazca-Linien in Peru (Südamerika) und bewirkte ihren Erhalt (Abb. 5).

Frühe Archäologinnen in Württemberg

Im Landesmuseum Württemberg haben wir die Ausstellung um beispielhafte Lebenswege früher Archäologinnen aus der Region erweitert, wie Senta Rafalski-Giering (1911-1996) und Gerta Blaschka, geb. Schneider (1908-1999), beide Absolventinnen der Ur- und Frühgeschichte an der Eberhard Karls Universität in Tübingen. Zudem thematisieren wir die beiden ersten fest angestellten Archäologinnen am Landesmuseum selbst, Margret Honroth (1937-2020) und Rotraut Wolf (geb. 1936). Mehr zu den frühen Archäologinnen aus Tübingen und Stuttgart erfahrt ihr in unserem nächsten Blogbeitrag!

Die Fotographie zeigt eine Frau in weißem Kleid und weißem Kopftuch. Sie steht auf einem Hügel in einer kargen Wüstenlandschaft und blickt durch ein Fernglas in die Ferne.

Abb. 5: Maria Reiche (1903-1998) erforschte als erste Person überhaupt ab Ende der 1940er Jahre die berühmten prähistorischen Nazca-Linien in Peru (Südamerika).

Abbildungsnachweis und Nutzungsbedingungen

Abb. 1: H. Kier / F. G. Zehnder (Hrsg.), Lust und Verlust (Köln 1995) 592. [Public Domain Mark 1.0].

Abb. 2: Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, Inv. Nr. / Signatur BGAEU-FS 360 [Urheberrechtsschutz (inC)].

Abb. 3: M. Bieber, Griechische Kleidung (Berlin / Leipzig 1928) Tafel XLVII [Public Domain Mark 1.0].

Abb. 4: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte [Urheberrechtsschutz (InC)].

Abb. 5: Ana Maria Cogorno, Maria Reiche Lineas & Geoglifos de Nasca, Lima, Peru [CC BY-SA 4.0].

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