„500 Jahre Bauernkrieg“ – Die Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2024/25 | Teil 8: LAUTseit1525 – Storytelling auf Instagram

In unserer Serie zur Großen Landesausstellung 2024/25 haben wir die insgesamt fünf Teilprojekte und ihre Teams kurz vorgestellt. In diesem Beitrag wirft das Team mit Christian Gries, Anna Gnyp und Ato Quirin Schweizer einen Blick auf das digitale Projekt.

 

Das digitale Projekt zum Bauernkrieg


Das Storytelling-Projekt „LAUTseit1525“ wird von August 2024 bis Oktober 2025 den Bauernkrieg auf Social Media erlebbar machen. Vorrangig wird auf der Plattform Instagram Wissen zu den Ereignissen vor 500 Jahren vermittelt und für ein breites Publikum zugänglich gemacht. Dabei werden zentrale Aspekte der historischen Epoche auf emotionale Weise nacherzählt und in einen Bezug zur Gegenwart gesetzt. Auf einer flankierenden Website werden vertiefende Informationen bereitgestellt, so dass auch Leser*innen außerhalb von Instagram einen Einblick ins Storytelling und den historischen Kontext bekommen können. Das digitale Projekt begleitet und verbindet die verschiedenen Ausstellungsprojekte zur Großen Landesausstellung „500 Jahre Bauernkrieg“.

Abb. 1: Schematische Darstellung der Projektbestandteile.

 

Warum „LAUTseit1525“?


Die Jahreszahl
1525‘ bezieht sich auf das Jahr der ersten Massenerhebung im deutschsprachigen Raum und die Ereignisse des sogenannten Bauernkriegs. Die Entwicklungen nahmen bereits 1524 ihren Anfang, erreichten aber ihr volles Momentum im Jahr darauf. Die Zahl stellt eine Verbindung zu der ab für 2025 geplanten kulturhistorischen Großen Landesausstellung „UFFRUR! Utopie und Widerstand im Bauernkrieg 1525in Bad Schussenried her.

Abb. 2: Trommel und Pfeifen bzw. Flöten waren weitverbreitete eingesetzte Signal-Instrumente für das sogenannte Umschlagen, sowohl in der militärischen als auch in der kommunalen Alltagskultur.

Mit der Präpositionseit‘ zieht der Titel eine Verbindung zu der für 2024/25 geplanten Erlebnis-Ausstellung „PROTEST! Von der Wut zur Bewegung“ im Alten Schloss in Stuttgart. Das digitale Projekt hat sich auf die Fahnen geschrieben, über den Bauernkrieg hinaus Bezüge zu aktuellen Formen von Protest und politischen Kämpfen herzustellen. Dabei sollen vor allem Machtstrukturen, Protestbewegungen und Aktivismus sowie ihre Aushandlungsprozesse und deren Folgen hinterfragt werden.

Demonstrationen, Aufstände und Revolutionen werden fast immer durch eine aus der Norm fallende Geräuschkulisse erkennbar. Heute wie auch bereits vor 500 Jahren werden am Hörbaren aber auch Machtverhältnisse, Protest und damit Handlungsspielräume erkennbar. Wer, wann, wo und mit welchen Mitteln Klänge in einer Gesellschaft erzeugen – also LAUT‘ sein – darf, ist immer auch eine Frage von Macht. Auch im Bauernkrieg war der akustische Raum hart umkämpft: Lärm und Geschrei wurden als Mittel des Protests genutzt, militärische Laute und Klänge prägten den Raum (Kriegsgeschrei und Kanonen) und kamen auch gezielt zur Kommunikation zum Einsatz. Sowohl die Bauernhaufen als auch die Heere, die sie bekämpfen sollten, benutzten Trommeln und Pfeifen, sie wurden damit zu einem akustischen Symbol der Aufstände.

Abb. 3: Mit „Pauken und Trompeten“ waren ein exklusives Zeichen der herrschaftlichen Selbstdarstellung.

Am Gebrauch bestimmter Instrumente werden aber auch Hierarchien in zeitgenössischen Hörgewohnheiten erkennbar. So wurden Trompeten und Pauken als akustisches Symbol der Macht von den Fürsten für sich allein beansprucht. LAUT waren folglich sowohl die Aufständischen als auch die, die sie bekämpften und gleichzeitig ging es darum, die gegnerische Seite zum Schweigen zu bringen. Auch heute ist Kommunikation, zumal im Internet, von einer hohen LAUTstärke geprägt. Die einfachste Form der Umsetzung erfolgt mit den Fingerspitzen in den Kommentarspalten, Chats und DMs durch die Verwendung von Großbuchstaben („all caps“).

 

 

Storytelling auf Instagram


Die in Wort, Bild, Video bzw. Audiobeiträgen und mittels KI-generierter Bildern angereicherten Geschichten entwickeln sich auf mehreren Accounts um aktuell zehn historische Persönlichkeiten. Die Figuren werden mit ihren Geschichten überwiegend nicht zeitgleich auftreten, sondern über eine Laufzeit von eineinhalb Jahren gestreut. Sie folgen historischen Entwicklungen, agieren innerhalb faktenbasierter Erzählungen, entwickeln aber auch fiktionale Momente und Erzählräume. Innerhalb des medialen Formats eines „Takeover“ besetzen sie vorübergehend die existierenden Instagram-Accounts verschiedener Institutionen.

Unsere Protagonist*innen der Bauernkriege entstammen unterschiedlichen Regionen, sozialen Schichten, Ständen und verschiedenen Parteien des Konflikts. In ihren subjektiven Sichtweisen und Haltungen ermöglichen sie eine multiperspektivische Annäherung an die Zeit. Sie stehen für unterschiedliche gesellschaftliche Ebenen, Verantwortungen, Standpunkte, Meinungen und liefern einen diversen Blick auf die historische Epoche.

Abb. 4: Veranschaulichung des Instagram Accounts zu LAUTseit1525. Die Inhalte und das Design sind noch in der Entwicklung.

Im Zentrum unserer Erzählung steht die Stuttgarter Baderin Magdalena Scherer. Sie trifft im Laufe des Projekts auf weitere historisch belegte Persönlichkeiten des Bauernkriegs. Zu Ihnen zählen der wohlbekannte und aus dem niederen Adel entstammende Götz von Berlichingen, der Abt und Verfasser der Weißenauer Chronik Jakob Murer, der Maler Jörg Ratgeb, der Bauernanführer Ulrich Schmid von Sulmingen, der Bildhauer Tilman Riemenschneider, der Verfasser der 12 Artikel und Laienprediger Sebastian Lotzer, die aufständische Leibeigene Margarete Renner, der Burgvogt vom Asperg Sebastian Emhartund sowie der Feldherr des Schwäbischen Bundes, Georg Truchseß von Waldburg, auch bekannt als „Bauernjörg“.

In unserer Story werden wir den Blick aber nicht nur auf die bisweilen „lauten“ Aspekte der Aufstände lenken, sondern werden uns auch mit den „leisen“ und weniger öffentlichen Momenten in den Schicksalen der Protagonist*innen beschäftigen. Im Fokus stehen dann Fragen wie: Welche Nöte und Motive bewegten eine Stuttgarter Baderin, sich in die Geschehnisse einzumischen? Welchen Einfluss hatten Stand, Geschlecht und Vermögen auf den Handlungsspielraum der Protagonist*innen? Welche Zwänge und Logiken bestimmten die Aktionen derjenigen in Machtpositionen, wie z.B. Georg Truchseß von Waldburg oder Götz von Berlichingen?

 

 

 

 

Wie entwickelt man ein Storytelling-Projekt?

Die Entwicklung von Content für zwei Instagram-Accounts, die über ein Jahr laufen, sowie für die kurzen Takeover auf neun weiteren Accounts ist schon eine enorme Herausforderung. Nicht nur müssen inhaltliche Entscheidungen abgesprochen und getroffen werden, sondern vor allem auch strategische: Welche Formate und thematische Kategorien eignen sich am besten um Wissensvermittlung und Unterhaltung gut auszubalancieren? Wie können die Protagonist*innen dramaturgisch aufgebaut werden und auf Instagram miteinander interagieren? Wie können die Unterschiede der Accounts und die Einheitlichkeit des gesamten Projekts durch die Gestaltung visuell unterstrichen werden? Und für welche Zwecke lassen sich KI-generierte Inhalte bewusst einsetzen? Um uns der Beantwortung dieser Fragen zu nähern, veranstalten wir aktuell zusammen mit unserer Agentur und unseren Partnern verschiedene zielgerichtete Workshops.

Im ersten Workshop haben wir uns mit dem Storytelling und der Entwicklung der Charaktere befasst. Gespannt sind wir allerdings schon auf den nächsten Workshop, in dem wir über die Gestaltung diskutieren und das Prompten üben.

 

Ein Verbundprojekt zwischen Baden-Württemberg und Bayern


LAUTseit1525 ist ein bundeslandübergreifendes Verbundprojekt, an dem zahlreiche Kulturinstitutionen beteiligt sind. Neben dem Landesmuseum Württemberg, werden sich auch die
Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, das Landesarchiv Baden-Württemberg, die Staatsgalerie Stuttgart, das Oberschwäbische Museumsdorf Kürnbach, das Deutsche Bauernkriegsmuseum Böblingen, die Burgenstraße e.V. sowie das Haus der Bayerischen Geschichte und das Museum für Franken einbringen.

 

 

Neugierig, wie es weiter geht?

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Abbildungsnachweis und Nutzungsbedingungen

Titelbild: Projektlogo (Landesmuseum Württemberg/Acameo)
Abb. 1: Landesmuseum Württemberg/Acameo
Abb. 2: Ausschnitt aus Reynmann, Leonhard: Practica uber die grossen und manigfeltigen Coniunction der Planeten […] 1524 […] . Nürnberg 1523, SLUB Dresden; Titelblatt; https://digital.slub- dresden.de/werkansicht/dlf/13253/3 (CC0)
Abb. 3: Ausschnitt aus Schäufelein, Hans Leonhard: NORNBERGAE EXCVDEBAT / IOHANNES GVLDENMVND. / ANNO M.D.XXXVII. Nürnberg 1537, Albertina, https://sammlungenonline.albertina.at/?query=search=/record/objectnumbersearch=[DG1937/341]&showtype=record (CC0)
Abb. 4: Landesmuseum Württemberg/Acameo

 


Die Große Landesausstellung „500 Jahre Bauernkrieg“ wird gefördert aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, der Baden-Württemberg Stiftung, der Sparkassen-Finanzgruppe, der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke, des Landkreises Biberach sowie der Berthold Leibinger Stiftung. Die Ausstellung „UFFRUR!“ entsteht in Kooperation mit Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg.

Die Förderer der Großen Landesausstellung „500 Jahre Bauernkrieg“: Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, Baden-Württemberg Stiftung, Sparkassen-Finanzgruppe, Oberschwäbische Elektrizitätswerke, Landkreis Biberach, Berthold Leibinger Stiftung.

 

4 Kommentare zu “„500 Jahre Bauernkrieg“ – Die Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2024/25 | Teil 8: LAUTseit1525 – Storytelling auf Instagram”

    1. Storytelling bedeutet wortwörtlich übersetzt „Geschichten erzählen“ und der englische Begriff wird deshalb verwendet, da es der gängige Begriff für die Methode der Vermittlung von Inhalten durch Erzählen ist. Ich hoffe, dass dies zum Verständnis beigetragen hat 🙂

  1. Sebastian Lotzer von Horb zählt als Verfasser der Zwölf Artikel zu den Protagonisten des digitalen Storytelling-Projekts „Lautseit1525“. Dabei sollte man beachten, dass der Beitrag über den Feldschreiber des Baltringer Haufens in der Allgemeinen Deutschen Biographie (Bossert, Gustav, „Lotzer, Sebastian“ in: Allgemeine Deutsche Biographie 52 (1906), S. 97-102 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122897714.html#adbcontent), was Lotzers Herkunft anbelangt, keine Gültigkeit mehr besitzt. Lotzers Familie zählte mit zu den ältesten und vermögenden in der hohenbergischen Neckarstadt. Die Grafschaft Hohenberg gelangte mit ihrem Herrschafts- und Verwaltungszentrum Rottenburg 1381 durch Kauf an Herzog Leopold III. von Österreich und verblieb bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nahezu uneingeschränkt in österreichischer Hand. Horb unterstand, zu Schwäbisch-Österreich gehörend, bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts der Tiroler Regierung in Innsbruck. 1345 besaß Berthold der Lotzer von Horb ein Gut zu Dietfurt (bei Isenburg) und 1348 gehörte einem Bentz der Lotzer die Hälfte eines Hauses in der Wintergasse. Die Hohenberger Steuerliste führt 1394 im Bezirk „Wintergass“ Hermann und Volmar Lotzer auf, von denen ersterer zu den reichen Bürgern zählte. Von 1469 bis 1488 amtete ein Johann Lotzer als Kaplan im St. Morizstift zu Rottenburg-Ehingen, bevor er eine Stelle als Vikar am Horber Chorherrenstift erhielt. 1484 schrieb sich Sebastian Lotzer der Ältere an der Universität Basel ein, von der er im Jahr darauf nach Tübingen wechselte. Der gleichnamige Vater war zwischen 1508 und 1532 in Horb Ratsmitglied, Bürgermeister und Pfleger der Agathenbruderschaft sowie der Leonhardskirche im Tal. Er besaß ein Haus auf dem Markt und wurde 1546 als tot bezeichnet.

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