Das Jahr 2017 geht langsam zu Ende – ein Jahr, das sehr stark von der Erinnerung an 500 Jahre Reformation geprägt war. Große Ausstellungen auf der Wartburg, im Martin-Gropius-Bau in Berlin und in Wittenberg thematisierten die Reformation und ihre Wirkung. Auch in Baden-Württemberg erinnerte eine Reihe von Präsentationen an dieses Jubiläum, genannt seien hier nur die Ausstellungen Freiheit – Wahrheit – Evangelium. Reformation in Württemberg vom Hauptstaatsarchiv Stuttgart und von den Staatlichen Schlössern und Gärten (im Kunstgebäude am Stuttgarter Schlossplatz noch bis zum 19. Januar 2018 zu sehen) und REFORMATION! Der Südwesten und Europa von den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim (noch bis zum 2. April 2018). Für beide Ausstellungen haben wir Leihgaben zur Verfügung gestellt. Über die Gemälde und Skulpturen aus unseren Beständen, die in der Stuttgarter Präsentation zu sehen sind, berichtet Ingrid-Sibylle Hoffmann im LMW-Blog.
Fotografieren, Nummern kleben, Einpacken, Auspacken, Einpacken, Auspacken … – die Aufgaben im Münzkabinett und in der Ausstellung
Auch das Münzkabinett hat eine ganze Reihe von Leihgaben bereitet gestellt: In Stuttgart sind es knapp 50 Münzen und Medaillen, die aus dem Reformationsjahrhundert stammen oder die an Reformationsjubiläen erinnern. Daneben wird ein Münzschatz mit 366 Silbermünzen gezeigt, der in den Wirren des Bauernkriegs bei Unterkochen verborgen wurde. Unterkochen ist heute ein Stadtbezirk von Aalen und liegt rund 40 km nördlich von Leipheim, wo 1525 eine entscheidende Schlacht im deutschen Bauernkrieg geschlagen wurde.
Bis die Münzen dieses Schatzes in der Ausstellung zu bewundern waren, hatten wir Einiges zu tun. Es ging los mit dem Anfertigen von 732 Fotos: 366 von den Vorderseiten und noch mal 366 von den Rückseiten. Die nächsten Schritte waren, 366 Nummern auf säurefreies Papier zu schreiben und diese 366 Nummern auszuschneiden und mit löslichem Kleber (der die Silbermünzen nicht beschädigt) aufzukleben. Schließlich haben wir die 366 Münzen erst in Seidenpapier und dann in kleine Tütchen eingepackt, in die Ausstellung transportiert, dort ausgepackt und in der Vitrine ausgelegt. Und nach dem Ende der Ausstellung geht das ganze Spiel rückwärts: Einpacken, Auspacken, Nummern ablösen …
Zum Glück habe ich all das nicht alleine machen müssen, sondern hatte bei jedem Schritt Unterstützung: In der Ausstellung halfen mir Renata Ricca-Vieira, Restauratorin des Hauptstaatsarchivs, und Moritz Paysan, Restaurator des Landesmuseums, beim Auspacken und Einbringen der Münzen in die Vitrine.
Dreh! Mich! Um! Wendemedaillen der Reformationszeit
Nicht nur, was den Leihverkehr betrifft, hat mich die Reformation dieses Jahr stark beschäftigt. Zum Thema Münzen, Medaillen und die Reformation habe ich auch einige Vorträge gehalten, eine Kunstpause angeboten usw. Bei all diesen Terminen stieß eine Gruppe von Medaillen auf besonderes Interesse, ja fast schon auf Begeisterung beim Publikum: die Wendemedaillen aus der Reformationszeit.
Gewöhnliche Medaillen haben zwei Seiten: eine Vorderseite und eine Rückseite. Bei den Wendemedaillen ist das anders: Sie haben nicht zwei, sondern vier Seiten. Sie zeigen auch eine andere Ansicht, wenn Vorder- und Rückseite um jeweils 180° gedreht werden.
Diese Medaillen wurden um die Mitte des 16. Jahrhunderts von der protestantischer Seite ausgegeben, um die katholische Seite zu verspotten. Wir sehen hier Vorder- und Rückseite eines solchen Stückes: Oben ist der Papst mit der Tiara, der dreistöckigen Papstkrone, zu sehen, darunter ein Kardinal mit seinem flachen Hut.
Doch werden die Medaillen nun um 180° gewendet, so zeigen die katholischen Würdenträger ihr echte Natur: Der Papst verwandelt sich in den Teufel mit zwei Hörnern, der Kardinal wird zu einem Narren mit einer Schellenkappe auf dem Kopf.
Mit der Drehung – so die evangelische Sicht – wurde den Katholiken die Maske heruntergerissen, so dass sie ihr wahres Gesicht – ein teuflisches oder närrisches – zeigten. Wendemedaillen waren im Reformationsjahrhundert sehr populär, sie wurden in hoher Auflage hergestellt. Und auch knapp 500 Jahre später haben sie ganz offensichtlich nichts von ihrer Faszination verloren.