Schutz-Zauber im Museum der Alltagskultur – Schloss Waldenbuch

Im Museum der Alltagskultur im Schloss Waldenbuch gibt es einen Raum, der erst auf den zweiten Blick erkennen lässt, dass hier Magie im Spiel ist: Der Schutz-Raum. Er ist der einzige der sechs Ausstellungsräume der Themeneinheit Wohnbedürfnisse, der neben einer materiellen auch eine immaterielle Ebene aufweist.

Themeneinheit: Wohnbedürfnisse

Abb. 1: Blick in den „Schutz-Raum“

Die fünf Ausstellungsräume der Themeneinheit Wohnbedürfnisse im Museum der Alltagskultur – Schloss Waldenbuch thematisieren anhand ihrer Themen Schutz, Licht, Wärme, Zusammenleben, Sauberkeit und Gegenwelt, dass wir nicht nur einfach wohnen, sondern dass der Mensch grundsätzlich ein Mängelwesen ist, der sich im Wohnen seine zivilisatorisch-kulturell geprägte (Überlebens-)Welt herstellt. Anhand dieser Verbindung lässt sich nachvollziehen, warum sich das Wohnen – sowohl im baulichen als auch in der Art der Einrichtung – im Laufe der Zeit verändert hat, die Bedürfnisse hingegen allerdings nicht: Schutz, Licht, Wärme, Zusammenleben, Sauberkeit und Gegenwelt.

Schutz-Raum

Das Schutz-Bedürfnis ist eine sehr starke Empfindung. Das, vor dem wir uns fürchten, was eine Gefahr oder Bedrohung sein könnte, aber auch das, was wir nicht kennen, was wir nicht einschätzen können, versuchen wir mit den unterschiedlichsten Mitteln von uns fern zu halten.

Abb. 2: Bett und Himmelbettlade, um 1800

Wir sind mit der Welt, die uns umgibt auf körperliche und geistige Art verbunden. Wir kommunizieren und reagieren auf das, was von außen an uns herangetragen wird, was wir wahrnehmen. Anhand dessen entscheiden wir unter anderem, wen wir mögen, wem wir vertrauen können und schlussendlich, wen wir an uns heranlassen. Physisch bzw. materiell machen wir es genauso: In unser Zuhause lassen wir Personen eintreten, die wir mögen, denen wir vertrauen, die wir gerne um uns haben. Unerwünschte sowie fremde Menschen oder auch potentielle Bedrohungen wollen wir an diesem uns so vertrauten und sicheren Rückzugsort nicht haben. Wir versuchen, uns vor ihnen zu schützen. Denn, wenn wir unser Zuhause schützen, schützen wir auch uns selbst.

Der Schutz-Raum nähert sich mit seinen Objekten Schritt für Schritt von der Außenwelt zum Kern, dem Inneren des Zuhauses. Jeder Schritt zeigt, dass sich die Formen des Schutzes je nachdem an welchem Punkt man sich gerade befindet, verändern. Zunächst steht ganz außen als erste Hürde das Gartentor bzw. der Zaun, die symbolhaft die Grenzen des Grundstückes darstellen und somit auch den Punkt, an dem das Zuhause und der gewünschte Schutz anfangen. Es folgen weitere materielle Bauten bzw. Hürden des Außenbereiches: Die Hauswand, die Dachziegel, die Fensterläden sowie die Haustür mit Schloss und Türspion. Die Fußmatte bildet die letzte Hürde zum Inneren unseres Zuhauses. Je massiver, robuster und vielfältiger diese Schichten sind, um so sicherer fühlen wir uns. Doch schon als Kind war der gefühlt sicherste Ort: das Bett und die Bettdecke. Es bildete das beste und sicherste Versteck – und ist es hin und wieder auch noch als Erwachsener.

Manchmal muss es mehr sein

Abb. 3: Auszug aus den Objekten mit immateriellen Schutzzuweisungen: Haussegen, um 1900; Kruzifix, 18./19. Jh.; Weihwasserbecken, um 1900; Lourdes-Plastik, um 1950

Zu jeder materiellen Schicht verläuft  eine immaterielle, symbolische Ebene, die dem geistigen Schutz Befriedigung verschaffen soll. Beide Schichten sind eng miteinander verwoben, sie verstärken das Gefühl der Sicherheit. Das Warnschild am Gartentor oder am Gartenzaun warnt davor, ohne Erlaubnis das Grundstück zu betreten, während das Tor einen physisch daran hindert. Die Dachziegel schützen das Zuhause vor Wettereinflüssen, während die in ihnen eingeritzten Symbole Unheil abwehren sollen. Der in die Hauswand mit eingearbeitete Bauzauber mit apotropäischen Formeln und Sprüchen dient sowohl der Entzauberung des Hauses als auch dem Schutz gegen Feuer und Krankheit der Bewohner. Wohingegen die Hauswand materiell vor Gefahren und Wettereinflüssen schützt. Die an der Haustür angebrachte religiöse Haussegen CMB soll das Haus und die Bewohner vor Unheil bewahren, während die Haustür es ermöglicht, zwischen dem Drinnen und Draußen sicher hin und her zu gehen.

Der Schutz-Raum zeigt aber auch, dass im Inneren unseres Zuhauses der geistige Schutz nicht aufhört: Schutzengelbilder, Traumfänger, Gewitterkerzen, eine Figur des Heiligen Florian oder auch ein Nazar-Amulett. Sie alle sollen dafür sorgen, dass wir uns in unserem Zuhause sicher und geschützt fühlen.

Abbildungsnachweis und Nutzungsbedingungen

Abb. 1, 2 und 3:  Gert-Peter Albig GDA Waldenbuch, CC BY-SA 4.0

 

 

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