Gut geplant ist halb gewonnen! – Warum Objektdaten einen Lebensplan brauchen

Die fachgerechte und digitale Dokumentation von Kulturgut sowie die Bereitstellung der Daten inklusive hochwertiger Abbildungen auf Online Plattformen ist längst eine Kernaufgabe von Museen. Doch damit nicht genug: In der Forschung gilt es zunehmend als gute wissenschaftliche Praxis, Datensätze für Menschen und Maschinen optimal aufzubereiten und über offene Schnittstellen zugänglich zu machen sowie eine verlustfreie Langzeitarchivierung zu gewährleisten.

Digitalisierung im Landesmuseum Württemberg

Auch die Daten, die bei der Erfassung von Objekten entstehen, sind forschungsrelevant und sollten folglich diesen Anforderungen gerecht werden. Das stellt Museen, die schon alle Hände voll zu tun haben, die digitale Erfassung ihrer Sammlungen voranzutreiben, vor große organisatorische Herausforderungen.

Ein professionelles Datenmanagement lohnt sich allerdings auch für Kultureinrichtungen und kann auf lange Sicht eine Arbeitserleichterung sein sowie weitere Nutzungsmöglichkeiten für Forschung und Vermittlung eröffnen.

Das Leben der Daten im Landesmuseum

Das LMW erfasst schon seit 2002 digitale Objektdaten in der landeseinheitlichen Datenbank imdas pro und archiviert Medien in einem Asset-Managementsystem. Seit 2012 werden ausgewählte Daten auch auf der Online-Plattform museum-digital.de zur Verfügung gestellt und seit 2019 auf der Website des Landesmuseums in der Sammlung Online. Für eine breite Streuung und Vernetzung der Sammlungen kooperiert das Landesmuseum zudem mit der Deutschen Digitalen Bibliothek, leo-bw.de sowie weiteren Fachportalen. Damit die Objektdaten aber nicht nur als digitale Objektzettel im Netz enden, wurden kürzlich offene Schnittstellen (sogenannte APIs) in der Sammlung Online eingerichtet, die den Abruf der Daten in den maschinenlesbaren Formaten JSON und LIDO-XML ermöglicht.

Besser geht immer

Soweit so gut, aber sind damit nicht alle Ziele und Anforderungen im Umgang mit Forschungsdaten umgesetzt? In vielen Museen bestehen gewachsene Strukturen und Arbeitsabläufe, deren Fokus bislang auf der Objekterfassung für den eigenen Arbeitsalltag lag, weshalb Nachvollziehbarkeit und Eindeutigkeit der Objektdaten nicht mit etablierten Standards kompatibel sind. Dadurch sind die Daten nur bedingt außerhalb des Museums nachnutzbar.

Auch am Landesmuseum gibt es bei der Datenqualität und der Archivierungsstrategie noch Optimierungsbedarf. Ein Datenmanagementplan (DMP) kann dabei helfen, die Arbeit effizient zu gestalten und den Wert der Daten für sich und andere zu erhöhen. Durch eine Beschreibung, wie Daten produziert, erhoben, dokumentiert, veröffentlicht und archiviert werden sollen, können einzelne Arbeitsschritte und datenrelevante Aspekte reflektiert und optimiert werden. Zudem sollte der Plan auch die FAIR-Prinzipien berücksichtigen, d.h. die Daten müssen auffindbar, zugänglich, interoperabel und wiederverwendbar sein.

Phasen eines Datenlebens

Der Entwurf eines Lebenszyklusmodells als Teil des DMP gibt einen Überblick über den gesamten Prozess von der Datengewinnung bis hin zur Archivierung und Nachnutzung. Auf die Digitalisierung im Landesmuseum bezogen beginnt der Lebenszyklus idealerweise mit einer Planungsphase, in der ein Datenmodell erarbeitet und alle Arbeitsschritte auf mögliche Nachnutzungsszenarien abgestimmt werden. Auch Fragen der Lizenzen, Rechte und des Datenschutzes müssen geklärt werden.

Datenlebenszyklus am Landesmuseum Württemberg (Anna Gnyp / CC BY SA 4.0)

In der Erfassungsphase werden Digitalisate angefertigt und beschreibende Informationen (Metadaten) in der Datenbank erfasst. Wichtig dabei ist das Qualitätsmanagement. Damit ist vor allem die Einhaltung von Standards und Nutzung von kontrolliertem Vokabular gemeint.

Visualisierung der Datenarten im Projekt LAZARMUS (Grafik: Landesarchiv Baden-Württemberg)

Zugänge werden vom Landesmuseum über museum-digital.de und der Sammlung-Online aus zu verschiedenen anderen Portalen geschaffen. Neben Schnittstellen sind Persistente Identifikatoren (PIDs) ein weiterer Schlüssel für die Nachnutzung im World Wide Web. Sie ermöglichen eine dauerhafte Verlinkung auf ein digitales Objekt bzw. auf die Metadaten.

Auch zu den archivierten Daten soll zukünftig ein strukturierter Zugang geschaffen werden. Dafür realisiert das Landesmuseum derzeit zusammen mit dem Landesarchiv Baden-Württemebrg im Projekt LAZARMUS eine prototypische Übernahme und Langzeitarchivierung von digitalen Museumsbeständen.

Die Brücken im Wissensnetz: Standards und Normdaten

Museen müssen beim Datenmanagement heutzutage berücksichtigen, dass ihre Daten auch für andere Forschungskontexte und Disziplinen relevant sein könnten. Die konsequente Verwendung von Standards und Normdaten bildet die Basis für Vernetzungen und Nachnutzung von Daten.

Standards legen die technische Struktur der Information fest, vergleichbar mit grammatikalischen Regeln. Normdaten dagegen sind Schlagwörter zur inhaltlichen Beschreibung, aus dem Bereich der Dokumentation, die nach bestimmten Regeln festgelegt werden und damit Eindeutigkeit herstellen. Ein Beispiel für Normvokabular ist die Gemeinsame Normdatei (GND). Sie enthält Normdatensätze für historische, lebende und fiktive Personen, für Körperschaften, Werke, Zeit- und Epochenbegriffe oder geografische Namen.

Das große Ziel: Ein weltweites Wissensnetz

Die Linked Open Data Cloud (lod-cloud.net)

Mit solchen standardisierten und eindeutig definierten Inhalten sowie der Verwendung von persistenten Identifikatoren können Datensätze Teil eines schnell und einfach maschinell auswertbaren Datennetzwerks werden. Die miteinander verknüpften Daten ergeben ein weltweites Netz, das auch als „Linked (Open) Data Cloud“ (LOD) oder „Giant Global Graph“ bezeichnet wird.

Wenn wir die eigenen Daten als Teil einer weltweiten Datenbank begreifen, können wir einen entscheidenden Beitrag zur Verdichtung und Zuverlässigkeit der „Linked-Data-Cloud“ leisten. Linked Open Data ermöglicht es, Informationen über Objekte, Orte, Menschen oder auch Ereignisse so miteinander zu verknüpfen, dass ein umfangreiches Wissensnetz z.B. zur Objektbiographie entsteht.

Die große Herausforderung liegt dabei nicht so sehr in der Entwicklung der technischen Möglichkeiten, sondern vielmehr im noch unvollständigen Verständnis der Anwendungsmöglichkeiten von LOD für Wissenschaft und Kulturinstitutionen. Dieses Verständnis und die Etablierung konkreter Strategien verbreitet sich erst langsam.

Schritt für Schritt

Ein erster Schritt in diese Richtung für das Landesmuseum bildet die Erarbeitung eines Datenmanagementplans. Der Mehraufwand für das strukturierte Vorgehen und die Metadatenpflege hat dabei auch viele Vorteile für die interne Arbeit.

Neben der verbesserten Weitergabe und Nachnutzung können strukturierte Daten im eigenen Datenbanksystem schneller gefunden und Datenverlust vorgebeugt werden. Die Verlinkung der Daten im Netz sorgt außerdem für eine höhere Sichtbarkeit und damit für mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Akteuren. Um diese Potenziale auszuschöpfen, sehen wir die Einführung eines professionellen Forschungsdatenmanagements daher als eine der zentralen Aufgaben der Digitalen Museumspraxis.

3 Kommentare zu “Gut geplant ist halb gewonnen! – Warum Objektdaten einen Lebensplan brauchen”

    1. Lieber Herr Kurtz,
      vielen Dank für Ihr Interesse. Unsere digitale Architektur ist etwas komplex. Grundsätzlich arbeiten wir bei der Datenerfassung wie alle Landesmuseen in Baden-Württemberg mit Imdas pro (Joanneum Research). Die Datenbank bietet zum einen integrierte Wortlisten und Thesauri und zum Teil direkte Schnittstellen zur GND sowie Ortsthesauri. In unserem Asset-Management-System (Canto Cumulus) werden alle Abbildungen hochgeladen. Mittels einer Import-Export-Routine über einen Server können Daten zwischen Imdas-pro und Cumulus transferiert werden. Die Objektdaten in Imdas werden im XML-Format inklusive Bildpfade an museum-digital.de geliefert. Von Museum-Digital aus werden die Daten als LIDO.xml an die DDB und Leo-BW geliefert. Zudem bietet museum-digital verschiedene Schnittstellen, über die wir die Daten für die Ausspielung in unserer Sammlung Online abrufen. Zum LAZARMUS-Projekt kann ich noch nicht viel sagen, weil wir noch in der Projektphase stecken, aber das Landesarchiv BW veranstaltet am 20.07. einen Abschlussworkshop, in dem die Ergebnisse vorgestellt werde. Ich hoffe, das beantwortet Ihre Frage einigermaßen. Sie können mich auch gerne anschreiben, falls Sie noch detailliertere Informationen haben möchten.

  1. Vielen Dank für diesen Beitrag, der den zyklischen Charakter des Datenmanagements sehr gut herausarbeitet. Die Digitalisierung ist eben kein Prozess mit einem Abschluss, sondern erfordert die ständige Wiederholung des Abgleichs mit Daten aus anderen Quellen, damit auch der Qualitätsverbesserung und der Anreicherung der Normdaten. Leider glauben immer noch einige, das ließe sich mit Hilfe von zeitlich begrenzten Projekten erledigen, aber „Die Digitalisierung stellt eine neue und zusätzliche Aufgabe dar und kann nicht durch den Wegfall oder die Reduktion anderer Aufgaben aufgefangen werden, weder personell noch durch Umwidmung bereits vorhandener Mittel.“ Klaffki, Lisa, Stefan Schmunk, und Thomas Stäcker. „Stand der Kulturgutdigitalisierung in Deutschland: Eine Analyse und Handlungsvorschläge des DARIAH-DE Stakeholdergremiums “Wissenschaftliche Sammlungen”“. DARIAH-DE Working Papers, GOEDOC – Dokumenten- und Publikationsserver der Georg-August-Universität Göttingen, 26 (2018). http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:7-dariah-2018-1-3.

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