Dem Herzog zu neuem Glanz verholfen – Mein freiwilliges soziales Jahr im LMW.

Im Rahmen des FSJ Denkmalpflege der Jugendbauhütte Baden-Württemberg habe ich ein Jahr in der Gemälde- und Skulpturenrestaurierung des Landesmuseums verbracht. Zu Beginn war ich etwas überwältigt von der Größe des Hauses und seinen vielen Mitarbeiter*innen, habe mich jedoch nach kurzer Zeit schon gut eingefunden. Direkt in der ersten Woche wurde mir ein eigenes Projekt zugewiesen, das ich in den kommenden Monaten bearbeiten durfte – ein Herzogsporträt, das aus einer Reihe von mehreren Ahnengemälden stammt. Mit Hilfe von Erklärungen und Anweisungen der erfahrenen Restaurator*innen der Gemälderestaurierung, konnte ich das Bild von Anfang bis Ende selbst restaurieren.

Erst einmal unter die Lupe nehmen

Bei der Abnahme von Übermalungen

Bevor ich mit der praktischen Arbeit starten konnte, mussten zunächst der Ist-Zustand des Gemäldes und seine Schäden dokumentiert werden. Die darauffolgenden Arbeitsschritte waren für mich am Anfang alle ganz neu und teilweise hatte ich auch ein bisschen Angst, ich könnte etwas an dem Gemälde beschädigen. Mit jeder neuen Aufgabe ist jedoch meine Sicherheit gewachsen und ich habe die unterschiedlichsten Dinge gelernt. Als durch die anfängliche Oberflächenreinigung des Herzogsporträts und die Abnahme des stark vergilbten Firnisses die ursprüngliche Farbigkeit des Bildes zum Vorschein kam, war das für mich ein richtiges Erfolgserlebnis, weil ein so großer Vorher-Nachher Effekt zu sehen war. Bei der darauffolgenden Abnahme alter Übermalungen und Kittungen habe ich zum ersten Mal unter dem Mikroskop gearbeitet. Anfangs war es gar nicht so leicht meine Hände passend zum Blick durch das Mikroskop zu bewegen.

Ein Skalpell braucht eine ruhige Hand

Abnahme der Doublierleinwand

Mit größter Vorsicht habe ich an den jeweiligen Stellen das zu entfernenden Material mit dem Skalpell abgetragen. Das war ganz schön aufregend, da dabei die originale Malschicht nicht beschädigt werden soll. Als nächstes wurde die Doublierleinwand (ein zweites Leinwandgewebe, das bei einer früheren Restaurierungsmaßnahme als Verstärkung auf den originalen Bildträger geklebt worden ist) abgenommen. Zur Entfernung der Klebemittelrückstände kam ein Feinstrahlgerät zum Einsatz. Das war ziemlich cool!

 

Jetzt wird geklebt!

Rissverklebung

Da das Gemälde auch einige Risse und Löcher in der Leinwand hatte, wurden diese im nächsten Schritt geschlossen. Das bedeutete für mich circa zwei Wochen Einzelfadenrissverklebung unter dem Mikroskop, wobei ich Faden für Faden eingesetzt, eingeflochten und mit den angrenzenden Fäden verklebt habe. Nachdem das Gemälde eine Randanstückung erhalten hatte, konnte es wieder neu auf seinen Spannrahmen aufgespannt werden. Im nächsten Schritt erfolgte die Kittung der Fehlstellen, die danach mit Aquarellfarbe an ihre Umgebung angeglichen werden konnten. Abschließend wurde wieder ein neuer Firnis aufgetragen. Auch der Zierrahmen des Gemäldes durchlief einige Restaurierungsmaßnahmen. Insgesamt war es für mich ein sehr spannendes Projekt, da ich alle Arbeitsschritte selbst durchführen konnte. Am Ende war es sehr toll zu sehen, wie der Zustand und das optische Erscheinungsbild des Gemäldes durch meine Arbeit verbessert werden konnte.

 

Der Herzog vorher… (Portrait des Württembergischen Ducis Johann Friderich, ca. 17. – 18. Jhd., Inv.Nr. 9316 g. Foto: Landesmuseum Württemberg, E. Andrianova)

… und nachher. (Portrait des Württembergischen Ducis Johann Friderich, ca. 17. – 18. Jhd., Inv.Nr. 9316 g. Foto: Landesmuseum Württemberg, F. Beie)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Was? Du darfst das selbst machen?“

Immer wenn ich Freunden oder Familie von meiner Tätigkeit erzählt habe, kam häufig die Reaktion: „Was? Du darfst da selbst was an den Objekten machen? So ganz ohne Erfahrung?“. Und genau das fand ich am FSJ in der Restaurierung so toll. Natürlich wurden mir die einzelnen Schritte immer ganz genau erklärt, beim Arbeiten wurde mir über die Schulter geschaut und bei Fragen hatte ich jederzeit einen Ansprechpartner. Es hat sich jedoch richtig gut angefühlt, dass mir etwas zugetraut worden ist.

Retusche

Im Laufe des Jahres habe ich zunehmend auch Maßnahmen an den verschiedensten Objekten durchgeführt (Reinigung, Festigung, Kittung, Retusche, …) und konnte so einige der Dinge, die ich zuvor gelernt habe, erneut anwenden. Neben meinem Hauptprojekt habe ich außerdem viele Einblicke in andere Bereiche der Restaurierungs- und Museumsarbeit erhalten. Beispielsweise durfte ich bei der Sammlungspflege mithelfen und habe die Reinigung barocker Kunstschlitten in Bad Urach und historischer Musikinstrumente im Fruchtkasten unterstützt. Ich hatte zudem die Möglichkeit die Depots des Landemuseums zu sehen und habe dort gelernt, wie man Objekte richtig verpackt und transportiert. Des Weiteren habe ich einen Überblick über die präventive Konservierung erhalten und habe den Auf- und Abbau der Sonderausstellung „Berauschend“ miterlebt.

Ganz schön herumgekommen

Mit Vollschutz im Depot

Teil des FSJs sind außerdem sechs Seminare, bei denen alle Freiwilligen der Jugendbauhütte Baden-Württemberg für eine Woche zusammenkommen und gemeinsam Projekte aus der Denkmalpflege kennenlernen und durchführen können. Besonders gut hat mir daran gefallen, dass alle Seminare ganz unterschiedlich waren. Einige Highlights waren dabei für mich die Anfertigung einer Fresco- und Seccomalerei, einer Bleiverglasung und einer Vergoldung in der Sgraffito-Technik, da ich hier meine eigenen Ideen umsetzten konnte. Eine Seminarwoche auf Campus Galli, wo eine mittelalterliche Klosteranlage mit historischen Techniken neu gebaut wird, war außerdem eine ganz neue Erfahrung für mich. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, die verschiedensten mittelalterlichen Techniken erklärt zu bekommen und gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe kleine Weidenhäuschen zu bauen. Viele der Seminare fanden an sehr schönen Orten wie beispielsweise im Schwarzwald, Meßkirch/Worndorf oder am Bodensee statt, was die jeweiligen Wochen zu sehr schönen Erlebnissen machte. Über das Jahr hinweg habe ich die anderen Freiwilligen immer besser kennengelernt und es ist eine sehr gute Gemeinschaft entstanden.

Durch mein Freiwilliges Soziales Jahr in der Restaurierung habe ich nicht nur fachlich viel mitgenommen. Ich bin selbstständiger und geduldiger geworden, habe eine Menge erlebt und dabei viele nette Menschen getroffen. Obwohl ich während meiner Arbeit gemerkt habe, dass ich die Restaurierung nicht zu meinem Beruf machen möchte, habe ich viele wichtige und schöne Erfahrungen gesammelt.

1 Kommentar zu “Dem Herzog zu neuem Glanz verholfen – Mein freiwilliges soziales Jahr im LMW.”

  1. Liebe Frau Beie,
    vielen Dank für diesen schönen und ausführlichen Bericht über Ihr soziales Jahr am LMW.
    Das ist eine grandiose Werbung für Ihre Jahrgänge, sich auf dem Feld der Geschichte zu betätigen
    Ihnen alles Gute, egal was Sie künftig machen werden.

    Freundlicher Gruß
    Dieter Eisele

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