Besuch aus Moskau

Als Kuratorin für älteres Kunsthandwerk darf ich nicht nur eine der schönsten und prachtvollsten Sammlungen des Landesmuseums betreuen, sondern auch Stücke aus der Schatzkammer der Herzöge und Könige von Württemberg. Umso mehr freut es mich immer wieder, wenn ich Besuch von Kolleginnen und Kollegen aus anderen Institutionen bekomme, die über Künstler der angewandten Kunst forschen und mit Begeisterung unsere Objekte betrachten.

Zarengold in Stuttgart

Königin Katharina von Württemberg

Großfürstin Katharina Pawlowna von Russland, spätere Königin von Württemberg, Aquarell, Jean-Baptiste Isabey (1767-1855), 1815

Im Dezember war wieder so ein Tag: Frau Dr. Voldaeva aus der Schatzkammer des Moskauer Kreml war extra nach Stuttgart geflogen, um sich das goldenes Tee-und Kaffeservice von Königin Katharina ganz genau anzusehen. Sie forscht über die Goldschmiedefamilie Keibel, die vom 18.-19. Jahrhundert in St. Petersburg kostbarste Goldschmiedearbeiten für den Zarenhof anfertigten. So erhielt auch Katharina als Zarentochter neben Juwelen, Pelzen und kostbaren Kleidern, als Teil ihrer Mitgift ein reingoldenes Déjeuner. Auf einem großen Tablett präsentieren sich eine ovale Konfektschale, drei Kannen für Tee, Kaffee und Milch, ein Sahnegießer, eine Zuckerdose mit Zange und eine Spülkumme mit Teesieb. Was bitte ist eine „Kumme“? Dieses, heute aus der Mode gekommene Gefäß, diente dazu, Teeblätter aus den Tassen zu spülen. Welche Porzellantassen dazu gereicht wurden wissen wir heute nicht mehr.

Was sagen die Quellen?

Was ich Frau Voldaeva aber noch als Information mit auf den Weg geben konnte, war der Hinweis auf das Testament der Königin im Hauptstaatsarchiv, in dem sie „das Thee-Geschirr, was uns von unserem Bruders, des Kaisers Alexander von Rußland Majestät geschenkt worden ist“ ihrem zweiten Mann König Wilhelm I. von Württemberg, nach nur dreijähriger Ehe, „als Zeichen unseres zärtlichen Andenkens“ vermacht hat. Also, wenn da nicht sentimentale Gefühle aufkommen…

Goldenes Tee-und Kaffeservice von Königin Katharina

14-teiliges Golddéjeuner der Königin Katharina von Württemberg, Otto Samuel Keibel (1768-1809), um 1809 © Hendrik Zwietasch

Teamarbeit ist alles!

Meine russische Kollegin war dann auch überglücklich, dass sie einen Tag mit der intensiven Untersuchung in unseren Restaurierungswerkstätten verbringen konnte. Elena Steinemann, die uns schon bei der Großen Landesausstellung „Im Glanz der Zaren“ 2013 durch ihre Zweisprachigkeit perfekt begleitet hat, stand auch dieses Mal hilfsbereit an meiner Seite und hat alles wunderbar gedolmetscht. Unsere Restauratorinnen Anna Emerson und Jenny Wölk haben mich bei der Präsentation wie immer toll unterstützt. Moritz Paysan hat wundervolle Detailfotos für Moskau gemacht, die Aufschluss über die technische Verarbeitung geben. Mit solchen glänzenden Exponaten und tollen Kollegen im Landesmuseum macht mir meine Arbeit besonders Spaß und ich bin sehr dankbar, dass auf wissenschaftlicher Seite weiter ein Austausch zwischen Deutschland und Russland stattfindet und möglich ist. So konnte ich mich ein wenig für den wunderbaren und offenen Empfang, der uns während der Zusammenarbeit bei der Zarenausstellung in St. Petersburg und Moskau entgegengebracht wurde, revanchieren.
Seit Beginn des Jahres 2018 kann das goldene Dejeuner von Königin Katharina sogar bei freiem Eintritt im Alten Schloss von allen bewundert werden.

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