Im Juli durfte ich wieder einmal an einer Jurysitzung zur Auswahl einer neuen Münze teilnehmen. 2019 war ich dabei, als die 20 €-Münze 100 Jahre Weimarer Reichsverfassung ausgewählt wurde, 2021 saß ich in der Jury für das 5 €-Stück INSEKTENREICH. Dieses Mal ging es um die 20 €-Münze, mit der an die Erfindung der ersten Rechenmaschine vor vier Jahrhunderten erinnert wird.
Aus Tübingen: Die erste Rechenmaschine
Wilhelm Schickard (1592–1635) war Professor in Tübingen, zunächst für Hebräisch, später auch für Astronomie. Ein Porträt in der Tübinger Professorengalerie zeigt Schickard mit einem Handplanetarium. Einen Nachbau dieses Modells, das die Umlaufbahnen von Sonne, Erde und Mond illustriert, besitzt das Landesmuseum Württemberg.
1623 konstruierte Schickard eine Rechenmaschine, die bis zu sechsstellige Zahlen addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren konnte. Schickards Maschine ging in den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs verloren. Es sind aber einige Skizzen und Beschreibungen überliefert. Diese Zeichnungen erlaubten es, Rekonstruktionen herzustellen.
Dieses Video stellt die Addition und die Subtraktion anhand eines Nachbaus vor.
Wer noch mehr über wissenschaftliche Instrumente wissen will: Zur thematischen Einstimmung ist unsere Ausstellung „Uhren und wissenschaftliche Instrumente“ im Alten Schloss in Stuttgart sehr zu empfehlen.
27 Entwürfe für eine siebenköpfige Jury
Der Wettbewerb für die Auswahl der Münze fand in Berlin statt. Die Jury bestand aus sieben Personen: Neben Vertreter*innen des Finanzministeriums, des Bundesverwaltungsamts und der Beauftragten für Kultur und Medien waren auch ein Professor für Design, ein Bildhauer, ein Professor für Informatik und ich als Numismatiker dabei.
Zwölf Medailleur*innen waren eingeladen worden, ihre Entwürfe einzureichen. Sie schufen Gipsmodelle von Vorder- und Rückseite mit einem Durchmesser von gut 16 cm. Da der Wettbewerb streng geheim ist, darf ich davon leider keine Fotos zeigen.
Begutachtung und Bewertung erfolgten in mehreren Schritten, bis schließlich die ersten drei Plätze gefunden waren. Den dritten Rang erhielt Martin Dašek, ein Medailleur aus Staré Hradiště in Tschechien, der zweite Platz ging an Sarah Bräuner aus Berlin. Als Sieger wurde der Entwurf von Florian Huhoff aus Berlin ausgewählt.
Die Rechenmaschine vorne…
Die Vorder- oder Bildseite der Münze zeigt die Rechenmaschine im Zentrum, darüber steht 400 JAHRE RECHENMASCHINE, darunter Wilhelm Schickard, links neben der Maschine ist das Jahr 1623 angegeben, in dem Schickard seine Erfindung machte.
… und der Bundesadler hinten
Auf der Rück- oder Wertseite ist der Bundesadler zu sehen. Die Inschriften nennen das Prägejahr (2023), die Münzherrschaft (BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND), die Prägestätte (D für München), den Wert (20 EURO) sowie das Material und die Reinheit (Silber 925 – also 925/1000 Silber und 75/1000 Kupfer).
In den Rand ist ein lateinischer Text eingraviert, der aus einem Brief Johannes Keplers stammt, in dem er die Rechenmaschine Schickards beschreibt: MACHINAM EXTRUXI QUAE DATOS NUMEROS COMPUTET – ich habe eine Maschine gebaut, die gegebene Zahlen verrechnet.
Die Silbermünze wird im nächsten Jahr, am 3. August 2023, ausgegeben. Sie wird einen Durchmesser von 32,5 Millimetern und ein Gewicht von 18 Gramm haben. Ich bin schon sehr gespannt, sie in der Hand halten zu dürfen.
Eine wirklich schön Münze. Kostet sie wirklich nur 20 €? Der einzige, aber gravierende Fehler:sie wird nicht in der Stuttgarter Münze geprägt! Warum? Das gehörte sich so, ist doch der Konstrukteur aus dem Ländle (nicht The Länd!!!!!)Oder gibt es in Stgt keine Münze mehr?
Lieber Herr Thurm,
vielen Dank für Ihren Kommentar!
Die 20 € sind der Nominalwert, zu diesem Wert wird die Münze immer zurückgenommen. Der aktuelle Preis bemisst sich am Edelmetallwert. Z.B. wird die 20-Euro-Sammlermünze „225. Geburtstag Annette von Droste-Hülshoff“ für 37,50 € angeboten.
Die Prägungen der Gedenkmünzen der Bundesrepublik Deutschland werden – unabhängig vom Thema – auf die fünf Münzstätten (Berlin, München, Stuttgart, Karlsruhe und Hamburg) verteilt.
Wir hoffen, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben.
Ihr Team vom Landesmuseum Württemberg