Wer klopft an?
Vor dem Eingang des Alten Schlosses standet ihr schon für die Ritter-Ausstellung Schlange als auch noch ganz andere Besucher rein wollten: In der ersten Januarwoche reiste ein kleines Figurenpaar der Comedia dell’arte aus Norddeutschland nach Stuttgart. „Pierrot und Violetta“ wollten gerne in die weltweit größte Sammlung für Ludwigsburger Porzellan aufgenommen werden. Da ich diese umfangreiche Sammlung im Keramikmuseum in Ludwigsburg betreue, wurden die kleine Porzellangruppe und ihr Anbieter von unserer Keramikrestauratorin Eva Sulzer und mir in Empfang genommen und erst mal auf Herz und Nieren geprüft.
Wo kommt ihr denn her?
Bevor eine Neuerwerbung für die Sammlungen stattfinden kann, müssen zahlreiche Recherchen getätigt werden. Vor allem die Provenienz zwischen den Jahren 1930 und 1945 wird intensiv geprüft. Zahlreiche Datenbanken wie „artloss“ und „lostart“ werden nach dem Objekt durchforstet, über 250 Auktionskataloge aus dieser Zeit, die Porzellane angeboten haben, wurden nach der Gruppe durchsucht. Da war es gut, dass zwischen den Jahren dafür Zeit war, diese umfangreichen Recherchen zu machen. Puhh… man bekommt leicht viereckige Augen, aber „Nichts gefunden!“ ist in diesem Fall eine gute Nachricht, denn das bedeutet, sie stammt nicht aus Sammlungen, die im zweiten Weltkrieg zwangsversteigert wurden.
Und wie seid ihr so drauf? Ab in die Dunkelkammer!
Wenn man eine neue WG sucht, muss man sich ja auch aufwendigen Aufnahmeprozeduren stellen, so bekommt man auch bei uns nicht einfach so ein Zimmer oder besser einen begehrten Platz in der Vitrine. Jetzt ist noch die Frage, in welchem Zustand ist das Porzellan? Gibt es Fehlstellen, alte Restaurierungen oder gar Ergänzungen von ganzen Armen, Hüten oder Federn? Dafür werden die Objekte bei uns intensiv in den Restaurierungswerkstätten untersucht. Mit Lupe, Mikroskop und UV-Licht rücken wir an und entführen die Objekte auch in die Dunkelkammer, wo kleine Ergänzungen oder Retuschen sichtbar werden. Aber auch hier machten die beiden ein gute Figur – nur der Pierrot hatte „sich sein Näschen etwas gepudert“, sprich dort war eine punktgroße Stelle zu sehen und am Sockel wurde etwas Farbe ausgebessert.
Der Fördergesellschaft sei Dank!
Also alles in allem passen die beiden gut zu uns! Nur was tun, wenn für einen Ankauf kein Geld da ist, denn einen Etat für Erwerbungen gibt es schon lange nicht mehr. Da ist es immer gut zu wissen, wo man mal fragen kann. Denn die Fördergesellschaft des Landesmuseums Württemberg unterstützt unsere Arbeit vielfältig und großzügig: Nicht nur mit freiem Eintritt seit dem 1.1.2018, sondern auch mit Neuerwerbungen. Und so konnte ich Pierrot und Violetta die freudige Nachricht überbringen: „Ihr könnt gleich hier bleiben. Wir kümmern uns in Zukunft um euch“. Jetzt müssen die beiden noch zum Fotoshooting, damit sie mit Starfotos in der Sammlung aufgenommen, d.h. inventarisiert und dann auch bald von euch in Ludwigsburg besucht und besichtigt werden können.
Sie haben gelächelt, denn da warten schon viele neue und alte Freunde, wie Pantalone, Harlekine, der Dottore, der Hanswurst und andere Komödianten der beliebten Truppe der Commedia dell’arte, die schon die venezianische Messe in Ludwigsburg bereicherten. Zuletzt haben sie sich sicher im 18. Jahrhundert gesehen, als sie in der Porzellanmanufaktur in Ludwigsburg hergestellt wurden. Also ein Wiedersehen nach 270 Jahren, da ist die Freude riesengroß.
So fängt das neue Jahr prima an!
Sehr interessant, danke für den Einblick!
Gerne! Vielen Dank für den Kommentar.