Am 24.7. wird seit einigen Jahren eigentlich der Olga-Tag bei uns im Alten Schloss gefeiert. Eigentlich, denn wie so vieles andere muss auch diese Veranstaltung dieses Jahr coronabedingt ausfallen. Grund genug für uns an der Landesstelle für Volkskunde einmal genauer hinzusehen, immerhin geht es hier um einen jährlich wiederkehrenden Festakt, der zum Teil im Fruchtkasten stattfindet. Doch wer oder was wird hier eigentlich gefeiert? Seit wann gibt es diese Veranstaltung und wer hat‘s erfunden?
Olga-Tag(e) – aus alt mach neu
Klar ist, es geht um Königin Olga – genauer gesagt um Olga Nikolajewna Romanowa (1822-1892), eine russische Zarentochter, die ab 1864 auf Württembergs Thron saß. Bis heute hat sie den Ruf besonders beliebt gewesen zu sein bei ihren Untertanen, insbesondere aufgrund ihres karitativen und sozialen Engagements.
Neben der sozialen Arbeit war der Glaube sehr wichtig für Olga, weshalb sie sich dessen Ausübung auch in ihrem Heiratsvertrag zusichern ließ. Der Bau einer neuen, russisch-orthodoxen Kirche mitten in Stuttgart geht ebenfalls auf ihren Wunsch zurück. Auch wenn Olga vor der Fertigstellung verstarb, verehrt sie die Gemeinde zusammen mit ihrer Nichte Vera (1854-1912) als Stifterinnen ihrer Kirche, der St.-Nikolaus-Kathedrale in Stuttgart.
Um an diese Geschichte zu erinnern initiierte die russisch-orthodoxe Kirche in Stuttgart 2008 erstmals einen Königin-Olga-Tag. Als Datum für diese neue Gedenkpraxis wurde ein Tag gewählt, an dem die russisch-orthodoxe Kirche traditionell einer anderen Olga gedenkt, der heiligen Olga von Kiew. Kurioserweise begeht die orthodoxe Kirche Russlands diesen Olga-Tag am 11. Juli, während man in den europäischen Nachbarländern diesen, gemäß dem gregorianischen Kalender, am 24. Juli begeht.
Als Raum bot sich der Ort in Stuttgart an, an dem das Gedenken an die beiden Frauen wohl noch am deutlichsten sichtbar ist – die Königsgruft unter der Stuttgarter Schlosskirche, in der sich die Hochgräber beider Stifterinnen befinden. Aus Platzgründen musste die Seelenmesse 2016 in die reformatorische Schlosskirche verlegt werden, wo sie seitdem gefeiert wird.
Ergänzend zu den kirchlichen Feierlichkeiten am 24.7. gab es ein jährlich wechselndes, kulturelles Begleitprogramm mit Vorträgen, Führungen und Kammerkonzerten im Landesmuseum.
Aufgespürt – Olga weltweit
Doch nicht nur in Form des Königin-Olga-Tages hat die einst beliebte Regentin Spuren in unserer Erinnerungskultur hinterlassen. So gibt es bis heute in der Landeshauptstadt Bildungs- und Krankenhauseinrichtungen, die mit ihrem Namen an die wohltätige Monarchin erinnern. Darunter das bekannte Kinderkrankenhaus Olgahospital („Olgäle“), das Gymnasium Königin-Olga-Stift oder das Olgaheim, ein einstiges Frauenheim, das heute ein Pflegeheim ist.
Eher in Vergessenheit geraten ist dagegen der Olga-Orden, der 1871 von Olgas Gatten, König Karl, gestiftet wurde. Hintergrund war der deutsch-französische Krieg, der auch unter den Württembergern einige Opfer forderte. Der Orden wurde an Freiwillige verliehen – zumeist Frauen –, die zu Kriegs- und Friedenszeiten in der Pflege von Bedürftigen, Kranken und Verwundeten tätig waren.
Auch beim Betrachten von aktuellen Straßenkarten kann man Olga begegnen, da es in vielen württembergischen Städten Straßen und Plätze gibt, die nach ihr benannt wurden.
Doch nicht nur im „Ländle“ wurde und wird die Erinnerung an Olga wachgehalten. So findet sich im hohen Norden des Spitzbergenarchipels ebenfalls eine Olgastraße. Sie bezeichnet eine Meerenge, deren Entdecker und Namensgeber der württembergische Afrika- und Polarforscher Theodor von Heuglin (1824-1876) war. Ein zweiter Forschungsreisender wollte sich ebenfalls bei seiner Förderin erkenntlich zeigen und so stößt man in Australien auf „The Olgas“ (Kata Tjuta), ein Felsmassiv 36 km westlich des Ayers Rock.
Außerdem gibts da noch die Olgabrezel. Aber das ist ein eigenes Thema. Mehr dazu demnächst hier auf unserem Blog.