It’s the digital, stupid!

Vor 26 Jahren zog Bill Clinton mit dem Spruch: „It’s the economy, stupid!“ in den Wahlkampf. Auf ganz einfache Weise hat er damit klar gemacht, auf was es in der Politik ankommt: die Wirtschaft. Und wer das nicht wusste, war eben ein Dummkopf: stupid. Wir durchlaufen im Moment wohl die bedeutendste gesellschaftliche Veränderung seit der Industrialisierung: die Digitalisierung. Und so grundlegend wie sich das Leben unserer Vorfahren durch die industrielle Fertigung verändert hat, so verändert sich auch unser Leben. Sie beeinflusst unser Arbeiten, unser Verständnis von Raum, von Zeit, unseren Beziehungen zu Menschen und zu Objekten. Wir tun uns jetzt schon schwer, wenn wir zwischen einer realen und einer digitalen Welt zu unterscheiden versuchen, als wäre das Digitale nicht auch real.
Diese Entwicklung ist nicht zu stoppen und wird erst recht nicht vor den Toren des Landesmuseums Württemberg enden. Wir haben die Pflicht, uns mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen, sie zu gestalten (soweit das überhaupt in unserer Macht liegt) und sie kreativ für uns zu nutzen. Aus diesen Gründen bin ich Teil des Arbeitskreises Digitale Museumspraxis am Landesmuseum. Wahrscheinlich weil ich zu einer neuen Generation von Museumsmitarbeiter_innen gehöre, die kaum oder wenig Annäherungsängste mit dem Digitalen hat. Ich habe für meinen alten Arbeitgeber, das Stadtmuseum Stuttgart, die social media Kanäle aufgebaut, das Blog eingerichtet und betreut und diverse Online-Aktionen durchgeführt. Seitdem ist für mich auch das Digitale fester Bestandteil der Museumsarbeit und meines eigenen Denkens und Handelns. Ich bin präsent auf Twitter, Instagram und meinem Blog. (Hier zeigt sich schon wie sich die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit wieder verwischen, die die Industrialisierung überhaupt erst geschaffen hatte.)
Wenn ich mich also mit der Digitalisierung des Museum beschäftige, dann also weil ich die Frage beantworten möchte, was kann ein Museum im Digitalen besser machen? Welche neue Aufgaben kann es dadurch bewältigen? Und vor allem auch wie reagiert ein Museum auf sich verändernde Kommunikationsformen und Sehgewohnheiten? Mich interessieren, wie sich das Bedürfnis nach Authentizität verändert und was das für das Museum bedeutet. Neben diesen museumstheoretischen, philosophischen Fragen liegen mir aber auch die Veränderungen von Strukturen innerhalb der Museen am Herzen. Sind heutige Verwaltungsstrukturen die ideale Organisationsform für Museen? Oder sind auch unsere Vorbilder im Sillicon Valley? Das alles zieht die Frage nach sich, wie wir im Museum zusammenarbeiten. Wie kommunizieren wir? Wie organisieren wir unser Wissen? Wie funktionieren Workflows?
All das lässt mich mit meiner Überschrift schließen: „It’s the digital, stupid!“ Das Landesmuseum hat sich der Digitalisierung als zentrales Thema angenommen und kann damit aktiv seine eigene Zukunft gestalten. Da mache ich gerne mit, auch um dabei zu helfen, dass Ängste und Barrieren überwunden werden können.

4 Kommentare zu “It’s the digital, stupid!”

  1. Vielen Dank für diese sehr relevanten Fragen! Es stellt sich daneben auch noch die Frage, wie viel Kontrolle der digitalen Analyse von Besuchern überhaupt überlassen werden sollte. Museen werden in Zukunft möglicher Weise sehr viel mehr über ihre Besucher/User wissen und ihre Services und Informationen ggf. an diesen Erkenntnissen ausrichten. Das ist keine Zukunftsmusik mehr, wenn man zB. Chris Michaels (https://wordpress.com/post/museumbeckstage.wordpress.com/212) einmal genau zuhört. Vieles, was sich unter dem Label „Effizienzsteigerung“ gerade andeutet, darf man daher auch kritisch betrachten, denn „It’s the digital, stupid!“ 😉

    1. Danke fürs Danke! 😉
      Die Frage, was wir in Zukunft über unsere „Nutzer“, „Besucher“, oder wie sie dann auch immer heißen werden, wissen werden, haben wir schon angefangen zu diskutieren. Auch das beschäftigt uns also und die Frage wie wir mit solchen Erkenntnissen umgehen. Gehen wir konkreter auf die Bedürfnisse der Nutzer ein? oder bürsten wir absichtlich gegen den Strich, damit nicht alles voraussehbar ist, was wir tun?
      Aber man sieht, es werden eher immer mehr als weniger Fragen.

  2. Rob Stein hat 2014 bei Museums and the Web in Florenz am Beispiel des Dallas Museum of Art (DMA) beschriebenen, wie Museumsbesucher mit ihren Daten – indem sie sich tracken ließen – Bonuspunkte erwerben konnten (z.B. für Sonderveranstaltungen). Ähnlich wie bei PayBack, DeutschlandCard etc.

    https://www.museumsandtheweb.com/paper-posted-seeing-the-forest-and-the-trees-how-engagement-analytics-can-help-museums-connect-to-audiences-at-scale/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.