Auch in Zeiten der etwas anderen Arbeitsgestaltung laufen unsere Vorbereitungen für die Große Landesausstellung „Fashion?! Was Mode zu Mode macht“ auf Hochtouren – schließlich gehen wir momentan zuversichtlich davon aus, dass die Ausstellung wie geplant am 24. Oktober eröffnen wird.
Neben der Erstellung von Ausstellungstexten, der Planung des Begleitbandes und der Entwicklung des Multimediaguides und anderen Vermittlungskonzepten, stehen in der jetzigen Phase die Objekte wieder ganz im Vordergrund. Da bin ich als Textilrestauratorin gefragt: schließlich sollen die wunderbaren Kleider in der Ausstellung nicht wie Säcke auf dem Bügel hängen, sondern auf einer eigens angepassten Figurine Bella Figura machen und sich von ihrer schönsten Seite zeigen.
In einer Ausstellung gezeigt zu werden, bedeutet für die Textilien eine „Deponierung unter erschwerten Umständen“. Da muss nicht nur auf das richtige Klima – vor allem die angemessene relative Luftfeuchtigkeit – geachtet werden, sondern es sind gerade die Figurinen und deren Ausstattung wichtig, damit die kostbaren Kleidungstücke die Ausstellung unbeschadet überstehen können.
Was die Figurinen darunter tragen…
Und so nähte ich im Homeoffice textile Unterzüge und Unterröcke, um nicht nur den hauseigenen Objekten, sondern vor allem auch den Leihgaben aus der ganzen Welt einen glanzvollen Auftritt bieten zu können. Die sogenannten Unterzüge aus abgekochten Baumwollstrickschläuchen werden später den Figurinen übergezogen. Sie sind notwendig, weil darauf Aufpolsterungen angenäht werden können, um die Passform für jedes Objekt individuell zu vervollständigen. Es ist faszinierend und befriedigend, was man alles an „Look“ aus einem Kostüm herausholen kann, wenn es den richtigen ‚Unterrock’ erhält.
Um das zu erreichen, konstruiere ich Figurinen, die für jedes Kleidungstück einzeln passend gestaltet sind. Da ist sehr viel Kreativität gefragt! Es kann bedeuten, dass die gekauften Figurinen zunächst durch Aufbauten vergrößert oder durch Abfräsen verkleinert werden. Oder ich verwende von mir selbst erstellte Halbfiguren ohne Kopf, ‚Torsen’ genannt. Diese Vorbilder werden später von einer darauf spezialisierten Firma aus Polyester abgegossen. Aber wir verwenden auch handelsübliche Figurinen mit Kopf, Armen und Beinen. Alle für die Figurinen und Aufpolsterungen verwendeten Materialien wurden einem sogenannten „Oddy-Test“, einem Schadstofftest, unterzogen. Dieser hat ergeben, dass sie keine die Exponate schädigenden Schadgase produzieren.
Im Moment bedeutet diese spannende Vorarbeit, viele Recherchen zu unternehmen, das dreidimensionale Vorstellungsvermögen einzusetzen und sich einzufinden in die jeweilige Zeit, aus der die Objekte stammen.
lebendig und natürlich
Ziel dieser aufwändigen Arbeit ist es, dass jedes Kleid am Ende auf einer Figurine präsentiert wird, die passgenau angefertigt und ausgepolstert ist. Es sollen sich keine Falten bilden, es darf an keiner Stelle zu eng sein, das fragile Textilgewebe soll in keinem Bereich unter Spannung stehen und das Ganze soll auch noch lebendig und natürlich aussehen: Als würde das Kleid nicht auf einer leblosen Kunststofffigur ausgestellt, sondern auf einem lebendigen Körper, der das Kleidungsstück ganz ausfüllt.
Bis jedes Kleid einen ‚eigenen’ Körper hat, gibt es für mich noch viel zu fräsen, aufzupolstern, abzustecken und zu drapieren.
Sehr geehrte Frau Beisenkötter,
das Thema Mode im Zusammenhang mit demLMW hat mich bislang keinen Deut interessiert. Wenn ich jetzt allerdings lese, wieviel Feingefühl und Gespür fuer diese Ausstellung notwendig sind, machen Sie mich schon etwas neugierig.
Ich bin dann mal auf die weiteren Infos von Ihnen und Ihren Kolleginnen/ Kollegen gespannt. Vielleicht sehe ich mir die Ausstellung doch an.😉😉
Gruß
Dieter Eisele