Seit etwas mehr als vier Wochen bin ich als Praktikantin in der Landesstelle für Volkskunde und kann an der Organisation und Vorbereitung der Podiumsdiskussion Alte Bräuche – neue Masken mitarbeiten. Bevor ich auf dieses spannende Projekt eingehe, zunächst die Frage, die auch ich mir gestellt habe: Was genau ist Volkskunde?
Schnell habe ich gesehen, Volkskunde ist viel mehr als Trachten, Volksmusik und Tradition. Oft denkt man vermutlich zunächst genau an diese Punkte. Es geht vermeintlich um die Beschäftigung mit historisch gewachsenen Phänomenen, zu denen beispielsweise Bräuche, Sprache, Musik und Kleidung gehören. Unsere Vergangenheit spielt durchaus auch weiterhin in der Volkskunde eine wichtige Rolle.
Mein Einblick in die Arbeit der Landesstelle hat gezeigt, dass dort aktuelle Themen ebenso wichtig sind. Dabei geht es um Fragen zu unserer Gesellschaft, die sich durch eine hohe Mobilität, rasanten Wissenstransfer, Multikulturalität, Migration und viele andere Einflüsse in einem ständigen Fluss befindet.
Podiumsdiskussion: Alte Bräuche – neue Masken
Der stetige gesellschaftliche Wandel wird zum Beispiel in der Podiumsdiskussion „Alte Bräuche – neue Masken. ‚Brauchtum‘ und gesellschaftlicher Wandel in Baden-Württemberg“ aktuell aus verschiedenen Perspektiven näher beleuchtet. Am 28. Juni diskutieren hier im Fruchtkasten Maskenschnitzer, aktive Fastnachter und Kulturwissenschaftler über die Wandlungsfähigkeit von Bräuchen und die Zukunft.
Die schwäbisch-alemannische Fasnacht wurde 2014 von der UNESCO-Kommission zum immateriellen Kulturerbe erklärt. Bei aller Wertigkeit und Wertschätzung, die diese Auszeichnung mit sich bringt, gilt es auch zu hinterfragen, ob Bräuche dadurch starr und inflexibel werden und nicht gar Einschränkungen oder gar Ausgrenzungen entstehen.
Tradition und Zukunft
Für viele Menschen ist es von großer Bedeutung, ihre Wurzeln zu kennen, Traditionen zu pflegen und sich mit ihrer Heimat zu identifizieren. Vielleicht wird das Bedürfnis daran festzuhalten in unserer schnelllebigen Zeit noch stärker.
Die Frage nach dem Bewahren von traditionellen Werten und Bräuchen und dem Vermitteln dieser an nachfolgende Generationen ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit von Brauchtumsvereinigungen und Narrenzünften. So engagiert sich der Landesverband Württembergischer Karnevalsvereine (LWK) für eine enge Zusammenarbeit mit Jugendgruppen. Das Bilderbuch „Die kleine Maus sucht die Fasnet“ richtet sich z.B. an Kinder zwischen drei und sieben Jahren und vermittelt ihnen die Bräuche rund um die Fasnet.
Der Wunsch, Traditionen an junge Generationen weiterzugeben, ist nachvollziehbar. Aber ich komme nicht umhin mich zu fragen, ob das Wandelbare an Kulturgut nicht erst den Weg frei macht für neue Traditionen, die unserem Leben und der Gesellschaft entsprechen, anstatt festzulegen, was ein schützenswerter Brauch ist. Denn wird dadurch nicht die Dynamik aus dem Entstehungs- und Veränderungsprozess von Traditionen und Bräuchen genommen?
Mit diesen und weiteren Fragen werden sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion beschäftigen. Es verspricht also interessant zu werden: am 28. Juni ab 19 Uhr im Haus der Musik im Fruchtkasten.