Designermode und Subkulturen der 1970er–1990er Jahre: Vitrinen-Neugestaltung im Modemuseum

Zum Ende meines Volontariats am Landesmuseum Württemberg hatte ich die Ehre, die letzte Vitrine im Modemuseum im Residenzschloss Ludwigsburg neu zu gestalten. Das Modemuseum im Residenzschloss Ludwigsburg zeigt als Zweigmuseum des Landesmuseums auf zwei Stockwerken und 700 qm einen historischen Rundgang durch die Modegeschichte vom Rokoko bis ins 20. Jahrhundert.

Bisher hatte der chronologische Überblick über die Modegeschichte in den 1960er Jahren geendet. Mit dem Abbau der Großen Landesausstellung „Fashion?! Was Mode zu Mode macht“ sind Figurinen frei geworden, die für die Neugestaltung der letzten Vitrine im Modemuseum verwendet werden konnten. Der zeitliche Fokus auf die 1970er bis 1990er Jahre macht das 20. Jahrhundert komplett – das Modemuseum zeigt nun 250 Jahre Modegeschichte von 1750 bis 2000.

 

Was haben wir an passenden Stücken in der Sammlung?

Nachdem eine erste grobe Idee für eine Ausstellung steht, beginnt immer die Suche nach geeigneten Objekten. Erst durchforstete ich unsere Museumsdatenbank Imdas und analoge Ordner mit Inventarblättern nach Kleidung und Accessoires der 1970er bis 1990er Jahre. Daneben kontaktierte ich Kolleginnen aus den Abteilungen der Kunst- und Kulturgeschichte sowie der Populär- und Alltagskultur, welche Objekte denn infrage kämen.

Ausstellen wollte ich verschiedene Objekte aus der Welt der Mode: Dazu gehören Damen- und Herrenkleidung, Accessoires wie Schuhe und Hüte aber auch Textilien. Gemeinsam mit der Sammlungsleiterin des Modemuseums Dr. Maaike van Rijn beschlossen wir, dass auf den Figurinen, wie auch im restlichen Teil des Modemuseums, Designermode – von Lanvin über Giorgio Armani bis Yves Saint Laurent – gezeigt werden soll. Im Hintergrund sind Stoffe des lokalen Unternehmens Stuttgarter Gardinen mit typischen Mustern der Zeit zu sehen. Accessoires wie Adidas-Schuhe und Gürteltaschen verdeutlichen aktuelle Modeströmungen.

Inventarblatt einer modischen Gürteltasche der 1990er Jahre

Auch das Plakatmotiv der Fashion-Ausstellung, ein Cocktailkleid von Yves Saint Laurent, darf in der neuen Vitrine nicht fehlen

 

Wie soll das Ganze am Ende aussehen?

Die Vitrinengestaltung sollte sich an der vorhandenen, 2004 eingerichteten Präsentation orientieren, um einen Stilbruch zu vermeiden. Im ursprünglichen Konzept gab es drei Darstellungsformen: „Szenisch-atmosphärische Bereiche“, „Szenisch-informative Bereiche“ und „Objektensembles“. Da die szenisch-atmosphärischen Vitrinen die eindrücklichste Darstellungsform sind, entschieden wir uns für diese Variante. Die Kostüme werden dabei auf vollständigen Figurinen mit Köpfen, Armen und Beinen präsentiert. Durch ihre Aufstellung scheint es so, als ob die Figuren miteinander interagieren. Auf abstrahierten Inneneinrichtungselementen werden zusätzliche Accessoires ausgestellt. Da die vorgesehene Vitrine durch die getrennten Glasplatten bereits in drei Teile aufgeteilt war, bot es sich an die 1970er, 1980er und 1990er Jahre jeweils chronologisch von links nach rechts zu präsentieren.

Für dieses relativ kleine Projekt wurde kein externer Ausstellungsgestalter engagiert. Daher machte ich erst mit Styropor und Papier ein vorläufiges Vitrinenmodell. Unsere Ausstellungswerkstatt fertigte schließlich einen kleinen Schaukasten aus Holz im Maßsstab 1:10, den ich etwas professioneller mit den passenden Figurinen und Objekten einrichten konnte. Zusätzlich konnten wir ein Beratungsgespräch mit der Gestalterin der ursprünglichen Ausstellung Marina von Jacobs organisieren. Dies brachte noch zusätzlichen Input und Ideen für die Präsentation.

Das Vitrinenmodell im Maßsstab 1:10

 

Jetzt kommt alles zusammen!

Neben der Konzeptionierung der Vitrine gab es mehrmonatige Besprechungen und Vorbereitungen durch unsere Textilrestauratorin, die Ausstellungswerkstatt und die Grafikerin. Eine erste Stellprobe der Objekte verhalf unter anderem der der Bestimmung, wie groß die Sockel für die Accessoires werden sollten. Ende August war es endlich soweit – die Vitrine konnte final eingerichtet werden. Es ist immer ein besonderer Moment, wenn alle Objekte und Gestaltungselemente zusammenkommen. Erstmals manifestierten sich die zuvor nur bildhaft dargestellten Ideen.

Nach dem Streichen der Vitrinensockel und der Anbringung der Ausstellungstexte konnten wir die Objekte einbringen. Es war schön zu sehen, wie nun die Hintergrundtextilien aufgehängt wurden und die fertig angezogenen Figurinen sowie die Sockel mit den Accessoires an ihren vorgesehenen Platz kamen.

Hier wird noch die Beschriftung angebracht

Die erste Stellprobe mit Kartons zur Bestimmung der Größe der fertigen Sockel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Thema: High Fashion und Subkulturen

Wenn Sie nun also das Modemuseum im Residenzschloss Ludwigsburg besuchen, gewinnen Sie einen neuen Einblick in die Modewelten der 1970er bis 1990er Jahre. Der Titel „High Fashion und Subkulturen“ verweist auf ein Phänomen, das Ende des 20. Jahrhunderts deutlicher hervortrat als je zuvor: Modische Neuerungen verbreiten sich nicht nur von den oberen Gesellschaftsschichten nach unten sondern auch umgekehrt. Trends aus Jugend- und Subkulturen nehmen vermehrt Einfluss auf Designermode.

Vielen Dank an alle Beiteiligte für die tolle Zusammenarbeit und Unterstützung!

 

Besuchen Sie uns in Ludwigsburg und digital auf Google Arts & Culture!

Wir laden Sie herzlich dazu ein, sich unsere neue Vitrine und den Rundgang durch 250 Jahre Modegeschichte im Modemuseum in Ludwigsburg anzusehen. Die aktuellen Öffnungszeiten finden Sie auf der Webseite vom Residenzschloss Ludwigsburg.

Einen virtuellen Blick auf einige unserer Highlight-Objekte aus dem Modemuseum können Sie auch in unserer neuen digitalen Ausstellung „Körper, Mode und Geschlecht. Eine Zeitreise durch das Modemuseum im Residenzschloss Ludwigsburg“ werfen.

1 Kommentar zu “Designermode und Subkulturen der 1970er–1990er Jahre: Vitrinen-Neugestaltung im Modemuseum”

  1. Das Ausstellungskonzept liefert leider nur einen sehr engen Blickwinkel auf die Mode der 70er, 80er, 90er mit Schwerpunkt auf der offiziellen Designermode. In dem, was in der Vitrine gezeigt wird, erkenne ich hauptsächlich das Styling bei „Denver-Clan“ und „Miami Vice“. Athleisure wird mit einem Paar Turnschuhen von Adidas abgedeckt, dabei war wohl die Jogginghose DAS Kleidungsstück der frühen 80er und späten 90er. Wenn ich an Subkulturen der 70er bis 90er denke, dann habe ich vor allem die Hippie- und Ökobewegung, Punk und Grunge vor Augen – Subkulturen, die es mehr als jemals zuvor in der Modegeschichte darauf anlegten, sich vom offiziellen Designergeschmack abzuheben.

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