Totensonntag – Gedenktag der „Entschlafenen“

Mit dem November beginnt in unseren Breitengraden die kalte Jahreszeit. Die Tage sind oft regnerisch, düster und grau. Für viele Menschen ist der November auch die Zeit in der sie sich an ihre verstorbenen Angehörigen erinnern. Angefangen mit Allerheiligen und Allerseelen sowie dem Volkstrauertag zur Monatsmitte bildet der Totensonntag den Abschluss.

Save The Date: immer am letzten Sonntag vor Advent

Preußens König Wilhelm III (1770-1840) führte den Totensonntag ein. Wikimedia Commons

Während die beiden katholischen Festtage Allerheiligen und Allerseelen bereits seit dem Mittelalter überliefert sind wird ein allgemeiner Totengedenktag in der evangelischen Kirche erst seit dem Jahr 19. Jahrhundert gefeiert. Zwar hatte die Reformation schon früh nach einem Ersatz für die katholischen Totengedenktage gesucht, aber keine allgemein gültige Ordnung gefunden. Schließlich wurden das Ende der napoleonischen Freiheitskriege (1813-1816) und das Gedenken an die vielen Opfer und Gefallenen zum Anlass für den neuen Feiertag.

Ein Jahr nach Kriegsende führte der preußische König Wilhelm III per Verordnung den „Feiertag zum Gedächtnis der Entschlafenen“ ein. Zunächst nur in Preußen wurde der Totensonntag bald von anderen evangelischen Landeskirchen übernommen und hat seitdem seinen festen Platz am letzten Sonntag des Kirchenjahres, der zugleich der letzte Sonntag vor dem 1. Advent ist. Damit gehört der Totensonntag (oder auch Ewigkeitssonntag) zu den beweglichen Feiertagen, der in den Zeitraum zwischen dem 20. bis 26. November fallen kann.

Gräber, Gestecke und stilles Gedenken

Genaue Vorgaben wie der Totensonntag in den Kirchengemeinden begangen werden soll gibt es von Seiten der Landeskirchen nicht. Das Verlesen der Namen der im vergangenen Jahr Verstorbenen während des Gottesdienstes ist jedoch ein fester Bestandteil. Zusätzlich werden die verblichenen Angehörigen oft in die Fürbitten eingeschlossen. Orte der gemeinsamen Andacht sind traditionell Kirche und Friedhof. Doch auch im virtuellen Raum des Internets gibt es inzwischen Angebote, wie z. B. die Seite www.trauernetz.de. In einer Online-Andacht können Angehörige hier ihrer Verstorbenen gedenken.

Wie an Allerheiligen gehört der Friedhofsbesuch und das Schmücken der Gräber mit Pflanzenschalen und Gestecken zur Tradition des Totensonntags und ist zugleich gesellschaftliche Norm geworden.

Längst kann man Grabgestecke für diesen Anlass bereits vorgefertigt kaufen. Je nach Geldbeutel und Geschmack können Kunden aus einem breiten Angebot wählen, das im floristischen Fachgeschäft, aber auch im Supermarkt, Baumarkt und inzwischen sogar im Internet feilgeboten wird. Dabei können Grabgestecke auch als eine Art floristisch verdinglichter Symbolsprache gedeutet werden. Häufig findet sich bspw. die Grundform des Herzens als Symbol der Liebe. Das Kreuz steht für die christliche Botschaft der Erlösung und auch Engel sitzen oft als kleine Trauergestalten im Gesteck. Als Boten des Himmels verheißen sie eine Verbindung mit den Angehörigen über den Tod hinaus. Doch auch die floralen Bausteine selbst folgen einer grünen Grammatik. Farbe, Form, Blattzahl, Duft und Heilwirkung verleihen jeder Pflanze ihre eigene Bedeutung in der Blumensprache. Der immergrüne Buchsbaum steht bspw. für ewiges Leben und Rosen gelten als Symbol für Vergänglichkeit, Tod und Liebe.

Zur christlich geprägten Trauerkultur in Deutschland gehört es auch, in pietätvoller und möglichst stiller Einkehr der Toten zu gedenken. Daher ist auch der Ewigkeitssonntag ein sogenannter „stiller Feiertag“. Märkte, Sport- und Tanzveranstaltungen sowie „musikalische und sonstige unterhaltende Darbietungen in Gaststätten“ sind an diesen Tagen per Feiertagsgesetz verboten.

Analog und digital: Trauerkultur heute und in Zukunft?

Neben dem virtuellen Gedenkgottesdienst zum Totensonntag und dem Grabgesteck aus dem Online-Shop haben sich vielfältige weitere Formen einer neuen Trauerkultur entwickelt, in der digital und analog miteinander verschmelzen. So werden im worldwideweb virtuelle Kerzen für verstorbene Großeltern entzündet, Online-Trauerkarten geschaltet und Gedenkvideos für Freunde auf YouTube eingestellt und auch der Friedhof hat den Sprung in die Virtualität geschafft. Auf einigen Grabsteinen kann man inzwischen auch QR-Codes finden, die auf Netzfriedhöfe verweisen auf denen Trauernde Kondolenz- und Gedenkseiten einrichten können.

Da sich inzwischen ein beträchtlicher Teil unseres Alltags im digitalen Raum abspielt nutzen auch immer mehr Menschen die Möglichkeiten des Internets für ihre Trauer. Insbesondere weit entfernt lebende Verwandte und Freunde können so leichter einbezogen werden. Welche neuen Facetten einer analog-digitalen Trauerkultur sind Dir begegnet? Oder spielt die Digitalisierung in diesem Lebensbereich für Dich keine Rolle?  Wir freuen uns über eure Beobachtungen und Beiträge in den Kommentaren oder auch direkt per E-Mail an uns.

QR Codes auf Grabsteinen heute als Ausdruck veränderter Lebensgewohnheiten. Wie wird wohl Trauerkultur in Zukunft aussehen? © Wikileander, [CC BY-SA 3.0]

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