Das Museumsdepot – Die Arbeit in unbekannten Sphären

„Guten Tag, wir kennen uns noch nicht…?“
So oder so ähnlich wird man als Depotverwalter – oder neuerdings sogar als Depotverwalterin! – des Öfteren begrüßt, wenn man aus den „Tiefen einer verborgenen Welt“ im Licht des Museumsalltags auftaucht, um beispielsweise an Besprechungen teilzunehmen, Objekte in die Restaurierungsateliers zu bringen oder offene Rechnungen bei der Buchhaltung abzugeben.
Es stimmt schon, man gehört eher der Gruppe derer an, die man nicht täglich am Kopierer oder am Postfach trifft. Und auch die Teilnahme an einigen kollegialen Zusammenkünften bleibt oft aufgrund der räumlichen Distanz zwischen unserem Haupthaus und den mehr als sieben Depotstandorten verwehrt.
„Ach, im Depot sind Sie! Wie schön. Das ist bestimmt sehr spannend! Aber ist das nicht auch schrecklich einsam/langweilig/unheimlich?“

So oder so ähnlich fallen die allgemeinen Reaktionen aus, wenn man erklärt, dass man sich schlichtweg um all die wunderbaren und wunderlichen Schätze eines Museums kümmert, die nicht in den Ausstellungen zu sehen sind. Und das sind bei uns im Landesmuseum mindestens 90 bis 95% aller Bestände!

Apothekenflaschen aus dem 18 Jahrhundert im Depot

Apothekenflaschen aus dem 18 Jahrhundert © Edith Harmati, Landesmuseum

„Aha… Und was genau machen Sie dann überhaupt so?“
Immer, wenn mir diese Frage begegnet, muss ich an einen meiner Lieblingsblogs denken. Dort haben Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt unter dem Stichwort „Registrarhumor“ mehr als hundert Erklärungsbeispiele zusammengetragen. So heißt es an einer Stelle sehr treffend:
„Du könntest ein Registrar (Depotverwalter, Magaziner, Museologe, Sammlungsmanager) sein, wenn Du die kürzeste Stellenbezeichnung im ganzen Museum hast, aber die meiste Zeit brauchst, um zu erklären, was Du tust.“
Der Arbeitsalltag in unseren Depots ist tatsächlich weder einsam noch langweilig und (meistens) auch nicht unheimlich – sondern tatsächlich abwechslungsreich und sehr spannend.

Tiermodelle im Depot

Tiermodelle © Edith Harmati, Landesmuseum Württemberg

Man darf beispielsweise zur digitalen Erschließung der Sammlung beitragen, indem man jahrhundertealte Bestände systematisch durchforstet und inventarisiert. Man sucht Objekte für unterschiedlichste Anfragen heraus, kümmert sich um die objektgerechte Verpackung und sichere Transporte, verbessert in Zusammenarbeit mit Restauratoren die Lagerungsbedingungen für die einzigartigen Bestände – was allein eine sehr große Vielfalt an Maßnahmen umfasst, etwa den Schutz vor Schädlingsbefall, das Austauschen alter Lagersysteme oder die Überwachung des Raumklimas.

Für Einsamkeit ist keine Zeit. Man kommt in einem Depot eines kulturhistorischen Museums als Ansprechperson für alle jene, deren Aufgaben direkt ins „Herz des Museums“ führen, mit den unterschiedlichsten Menschen in Berührung: Kuratoren, Restauratoren, Professoren und Studierenden diverser Fachrichtungen, Künstlern, Pfarrern, Architekten, Klimatechnikern, Handwerkern, Sicherheits- und Reinigungspersonal, Feuerwehr, Polizei, Kunstspeditionen, Firmenvertretern von Lagertechnik, Logistik und Datenbanken, Archivaren, Bibliothekaren, oder Kollegen aus anderen Museumsdepots.

Umräumarbeiten © Edith Harmati, Landesmuseum Württemberg

Mit letzteren geht es in der Regel im Museologen-Jargon um die Einführung und Einhaltung von Standards und Richtlinien, Revisionen, die Bedeutung guter (Infra-)Strukturen und Workflows, Dokumentation, Datenbanken, Inventarnummer-Systematiken, Normdaten, Portale, QR- oder Barcodes zur Unterstützung der digitalen Objektverwaltung, Informationsmanagement und Datenhygiene, Nutzungsanforderungen, Bildrechte, optimale Raumauslastung, Mengengerüste, Facility Reports, Integrated Pest Management, Klimamonitoring, präventive Konservierung, Arbeitssicherheit und weitere Themen, für die man als Depotverwalter oder Sammlungsmanager brennt – während Außenstehende resigniert den Kopf schütteln.

Dokumentationsarbeiten im Depot

Dokumentation © Edith Harmati, Landesmuseum Württemberg

Leider ist es heute noch nicht möglich, alle Depots der Öffentlichkeit im gleichen Maße zugänglich zu machen wie die Schausammlungen in den Ausstellungsbereichen der Museen. Um dennoch erste Einblicke in einen Bereich zu ermöglichen, der geprägt ist von romantischen Vorstellungen eines Schatzsuchers (und manchmal an das Brettspiel „Das Labyrinth der Meister“ erinnert), werden hier in Zukunft weitere Beiträge von der Arbeit in den Depots des Landesmuseums berichten.

Ein stiller Depotbewohner

Ein stiller Depotbewohner © Edith Harmati, Landesmuseum Württemberg

 

4 Kommentare zu “Das Museumsdepot – Die Arbeit in unbekannten Sphären”

  1. Guten Tag,
    was ist, wenn die Massen von Museumsartikeln nicht mehr untergebracht werden können?
    Und wenn nur ein geringer Teil je ausgestellt werden kann?
    Dazu die Kosten für die Lagerung und Verwaltung für die Kommunen nicht mehr bezahlbar sind?

    Mit freundlichen Grüßen
    Horst Lex

    1. Lieber Herr Lex,
      vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Arbeit.
      Beim Ankauf und bei der Annahme von Schenkungen achten wir stark auf die Kapazitäten unserer Depots. In einigen Sammlungsbereichen – vor allem bei großformatigen Objekten – sind wir sehr zurückhaltend. Im Moment sind etwa 3% unseres Bestands ausgestellt. Dazu kommen Exponate für unsere Sonderausstellungen und Objekte, die wir an andere Museen ausleihen. Neue Objekte müssen evtl. gereinigt, dann fotografiert und in die Datenbank eingegeben werden. Die Depots und die dort aufbewahrten Werke werden ständig kontrolliert. Die Aufbewahrung von Objekten kostet neben Platz also auch Zeit und Geld.
      Herzliche Grüße vom Team des Landesmuseums Württemberg

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