Noch nie hat es sich so gelohnt, den Jahresurlaub für eine Uni-Veranstaltung herzugeben. Ein sechswöchiges Praktikum war ein Pflichtbestandteil meines Bachelorstudiums der Klassischen Archäologie in Berlin und ich bin so froh, dass ich es am Landesmuseum Württemberg in Stuttgart absolvieren durfte.
Eigentlich hatte ich nicht viele Erwartungen, sondern wollte während des Studiums in alle Arbeitsbereiche der Archäologie hineinschnuppern, um mir die Spezialisierung im Master zu vereinfachen – beziehungsweise meine Vermutung zu bestätigen, dass mir die Museumsarbeit am Besten gefallen würde.
Meine Tätigkeiten am LMW waren sehr vielfältig. Ich hatte einen detaillierten Zeitplan mit speziellen Aufgaben und Veranstaltungen sowie optionalen Führungen, Exkursionen und Erlebnissen am Wochenende. Zwischen Schulungen für die museumsinternen Systeme und Teilnahmen an Fortbildungen im Rahmen der hauseigenen Volontärsausbildung sowie dem Besuch der „KulturKaffees“ durfte ich auch die „Musikpause“ im Fruchtkasten mitmoderieren und mit Objekten im Depot und der Restaurierung umgehen. Und natürlich waren da noch meine Hauptaufgaben: Die Mitarbeit an zwei Ausstellungen.
„Ein gut Theil Eigenheit – Lebenswege früher Archäologinnen“

Abbildung 1: Die Ausstellung im Ständesaal
Die Sonderausstellung „Ein gut Theil Eigenheit – Lebenswege früher Archäologinnen“ war 2024/25 im Ständesaal des Alten Schlosses zu sehen. Die Ausstellung behandelte Biographien von frühen Archäologinnen wie Ida von Boxberg, Magarete Bieber oder Gerta Blaschka. Sie entstand in einer Kooperation mit dem Museum August Kestner in Hannover auf der Basis der Recherchen des interdisziplinären, feministischen Forschungsprojektes „AktArcha“.
Dieses Thema finde ich sehr wichtig zu beleuchten, da ich von vielen dieser Frauen im Studium noch nie etwas gehört habe, obwohl sie teilweise für sehr wichtige Meilensteine der Archäologie stehen. Deswegen bin ich dankbar, dass ich zum Beispiel über Julie Schlemm, welche das erste Wörterbuch der Vor- und Frühgeschichte schrieb, lernen durfte.
Um die Ausstellung für die Nachwelt zu erhalten, wird sie online in der DDB (Deutsche Digitale Bibliothek) veröffentlicht. Für die Digitalisierung wurden Texte geschrieben, Bilder rausgesucht, Zitate formatiert und ein Drehbuch geschrieben.
Bei dieser Digitalisierung habe ich geholfen. Es war toll, dass ich tatsächlich einen produktiven und sichtbaren Output liefern und bei einer Veröffentlichung mithelfen konnte. Meine Texte werden in der DDB veröffentlicht und mein Name taucht im Impressum auf! Die Chance bei einer solchen Publikation mitzuwirken ist für Studierende natürlich wertvoll.
„Zier & Zeichen: Was Männer schmückt“
Unter diesem Titel zeigt das LMW ab dem 17.10.2026 eine neue Große Sonderausstellung. Ausgestellt wird Männerschmuck aus verschiedenen Kultur- und Zeit-Epochen, von der Steinzeit bis heute. Das Projekt besteht aus einer Kooperation von verschiedenen Abteilungen und Bereichen des Museums – Archäologie, Kunst- und Kulturgeschichte, Projektmanagement, Kulturvermittlung, Marketing und vielen mehr. Auch werden externe Parteien miteingebunden wie beispielsweise Architekt*innen und Ausstellungsgestalter*innen.
Ich wurde in vielen Aspekten in die Konzeption miteinbezogen. So nahm ich an wöchentlichen Treffen teil, war bei Workshops mit Architekt*innen, Grafikerinnen und dem Fotografen dabei und wurde mit eigenen Rechercheaufträgen versorgt.
Hoch interessant an der Arbeit an einer so großen Ausstellung fand ich die Zusammenstellung der Objekte. Hieran haben wir viel gearbeitet und herumgeschoben. So haben die Architekt*innen uns geraten, die ursprünglich vorgesehene Anzahl der Objekte deutlich zu reduzieren. Daraufhin fanden Treffen des kuratorischen Teams statt, um die Objekte genauer auszuwählen.

Abbildung 2: Fidem Constantino Ring
Meine Hauptaufgabe für die Ausstellung waren Rechercheaufträge im Bereich der Archäologie. Einen besonderen Fokus habe ich auf verschiedene Arten von Ringen gesetzt, und so haben die Fidem Constantino Ringe sowie Schlüssel- und Siegelringe viele meiner Praktikumsstunden gefüllt. Auch habe ich mich mit Goldgewinnung und Kolonialismus in der Antike, römischen Militärgürteln und lateinischen Liebesinschriften auf Fibeln beschäftigt. Meine Recherche habe ich schriftlich festgehalten, und sie wird dann im nächsten Jahr eine Grundlage für die Objekttexte der Ausstellung bieten.
Depot- und Objektarbeit
Außerdem durfte ich im neuen Depot in Fellbach mithelfen. Anke Wolf, Depotverwalterin für die Provinzialrömische Archäologie und Klassische Antike, führte mich durch die verschiedenen Abteilungen des Depots – die Keramik-, Holz-, Stein- und Metallsammlungen. Gemeinsam haben wir abschließende Schritte zur Depotorganisation nach dem Umzug vorgenommen, Fundstücke geordnet und Lagerungsorte beschriftet.
Ich durfte nicht nur vor Ort im Depot mitarbeiten, sondern auch Dr. Fabian Haack, Referatsleiter der Steinzeiten, beim Objekttransport unterstützen. Dafür sind wir ins Landesamt für Denkmalpflege nach Esslingen gefahren. Es war spannend, eine andere kulturwissenschaftliche Behörde kennenzulernen. Ich habe u. a. gelernt, was die gesetzlichen Vorschriften für das private Sammeln von archäologischen Objekten sind.
Außerdem durfte ich einen Tag in den Restaurierungswerkstätten des LMW verbringen. Nicht nur wurden mir Führungen durch die verschiedenen Räumlichkeiten gegeben, sondern mir wurde auch an unterschiedlichen Objekten gezeigt, wie Restaurierungsprozesse funktionieren. Die verschiedenen Vorgehensweisen in der Metall- und Gemälderestaurierung haben mich besonders fasziniert. Weiterhin durfte ich mit den Expertinnen für Glasobjekte und präventive Konservierung sprechen. Danach wurde mir ein Keramikobjekt gezeigt, welches vor kurzem für die aktuelle Sonderausstellung restauriert worden ist. Es war hoch interessant etwas über ein Handwerk zu lernen, mit dem ich vorher so gut wie keine Berührungspunkte hatte.

Abb. 3: In der Restaurierung
Danke!
Insgesamt waren es sechs wundervolle, spannende und lehrreiche Wochen, in denen ich viele verschiedene Aspekte der Museumsarbeit kennenlernen durfte. Ich habe einen wirklich guten Überblick über dieses Tätigkeitsfeld bekommen und kann mir jetzt gut vorstellen, das Museum tatsächlich als zukünftigen Arbeitsplatz anzustreben.
Letztendlich möchte ich ein riesiges Dankeschön an das herzliche Kollegium aussprechen. Meine Bürogesellschaft, die Volontär*innen, von denen ich super viel für die Zukunft gelernt habe, meine Chefin Dr. Astrid Fendt, die mir viel zugetraut und mich gefördert hat, und die Praktikantin aus der Kunst- und Kulturgeschichte, die gleichzeitig mit mir da war; sie alle haben die sechs Wochen wahrlich unvergesslich für mich gemacht!
Abbildungsnachweise und Nutzungsbedingungen
Abb. 1: Blick in die Ausstellung „Ein gut Theil Eigenheit“ im Ständesaal, Landesmuseum Württemberg (CC-BY-SA 4.0)
Abb. 2: Römischer Fidem-Ring, The Fitzwilliam Museum, Cambridge (CC BY-NC-ND)
Abb. 3: Einblicke in die Restaurierungswerkstatt, Landesmuseum Württemberg (InC)
