Margret Honroth und Rotraut Wolf: Die ersten Archäologinnen am Landesmuseum Württemberg

Margret Honroth (Abb. 1) und Rotraut Wolf (Abb. 2) sind die ersten Archäologinnen in fester Anstellung am Landesmuseum Württemberg in Stuttgart. Zum Abschluss der Sonderausstellung Ein gut Theil Eigenheit. Lebenswege früher Archäologinnen werden ihre Biografien vorgestellt und ihr Wirken am Museum skizziert.

Schwarz-weiß-Fotografie einer Frau mit kurzen, hellen Haaren, einem hellen Oberteil und einer Kette.

Abb. 1: Margret Honroth, 1968.

Schwarz-weiß-Fotografie einer Frau mit kurzen dunklen Haaren und einem dunklen Pullover.

Abb. 2: Rotraut Wolf, 1965.

Schwarz-weiß-Fotografie eines Mannes mit grauen, welligen Haaren, einer Brille, Hemd und Jacket.

Abb. 3: Claus Zoege von Manteuffel Direktor 1978–1991.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die beruflichen Lebenswege der beiden Archäologinnen verliefen weitgehend parallel. Beide wurden nach einem wissenschaftlichen Volontariat und Zeitverträgen zu Museumskonservatorinnen in ihrer jeweiligen Fachrichtung ernannt, der Klassischen Archäologie und der Archäologie des Frühen Mittelalters. Damit übernahmen sie die volle Verantwortung für das von Ihnen vertretene Referat innerhalb der Abteilung Archäologie. Sie leisteten Pionierarbeit. Denn vor ihnen gab es keine weiblichen Wissenschaftler auf diesen Stellen. Verbunden war eine solche prestigeträchtige Position mit der damals üblichen Hingabe für den Beruf, der auch Berufung war, und mit einem für Frauen nahezu üblichen Verzicht auf eigene Kinder.

Schwarz-weiß-Fotografie verschieden großer Büsten auf Sockeln.

Abb. 4: Studiensammlung zur Antike im 3. Stock des Alten Schlosses in Stuttgart, 1974–1981.

 

Die Klassische Archäologin Margret Honroth

Margret Honroth (2.8.1937–7.8.2020) (Abb. 1) stammte aus Bonn. Dort nahm sie 1957 ihr Studium der Klassischen Archäologie, Alten Geschichte und Latein auf. In Tübingen und Wien führte sie es fort. 1966 verfasste sie ihre Doktorarbeit über „Stadtrömische Girlanden“. Anschließend war sie an Ausgrabungen des Rheinischen Landesmuseums in Bonn und des Deutschen Archäologischen Instituts in Pergamon (Türkei) beteiligt. 1968 wurde Margret Honroth als Volontärin am – damals noch so genannten – Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart eingestellt für das neu geschaffene Referat „Antike“. 1972 wurde sie verbeamtet.

Schwarz-weiß-Fotografie von zwei Frauen, die hinter einem Gebäude-Modell stehen und daran arbeiten.

Abb. 5: Neueinrichtung der Antikensammlung 1982–1986, rechts Margret Honroth.

Foto einer Raumansicht mit verschiedenen Büsten und Statuen, teilweise auf Sockeln.

Abb. 6: Antikensammlung im Alten Schloss in Stuttgart, 1986–2010.

 

 

 

 

Aufbau der Antikensammlung

Der damalige Direktor Claus Zoege von Manteuffel (1926–2009) (Abb. 3) beschrieb 1981 Honroths Hauptaufgaben. Sie sollte die Stuttgarter Antikensammlung ausbauen und eine museale Präsentationen realisieren (Abb. 4-7). Neben der Inventarisation, der wissenschaftlichen Bearbeitung und der konservatorischen Betreuung habe sie „durch Neuerwerbungen von römischen Kaiserportraits und Werken der klassisch griechischen Kunst entscheidende Schritte dazu getan, die Sammlung abzurunden und in ihrem Wert so zu steigern, dass sie die Bedeutung der klassischen antiken Kunst im Rahmen der gesamten Sammlungen des Württembergischen Landesmuseums zu repräsentieren vermag“. Darüber hinaus habe Honroth eine „Studien-Schausammlung“ konzipiert und die endgültige Aufstellung der Antiken vorbereitet. Er verwies auf ihr „angenehmes und cooperatives Wesen“ und darauf, dass sie „viele, didaktisch gut aufbereitete Führungen“ halte. (Archiv LMW, Dokument vom 26.3.1981)

Schwarz-weiß-Fotografie, links im Bild eine Frau, rechts im Bild vier Männer. Dazwischen zwei Statuen auf Sockeln.

Abb. 7: Margret Honroth präsentiert die 1989 erworbene Marmorstatue „Leda mit dem Schwan“. Anwesend sind u. a. Direktor Prof. Dr. Claus Zoege von Manteuffel und Kunstminister Dr. Helmut Engler.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Interesse für die Antike wecken

Gemeinsam mit dem ehemaligen Latein- und Altgriechischlehrer am Karlsgymnasium in Stuttgart, Elmar Hensen, bot sie in den frühen 1970er Jahren Wahlunterricht für 13-14jährige Schüler des (damaligen) Knabengymnasiums an. Hensen erinnert sich: „Frau Honroth hatte eine unkomplizierte, freundliche Art. Sie war sehr pädagogisch und hielt einen guten Unterricht unter Einbezug der Kinder. Sie konnte die Schüler für das Fach interessieren. Und das in den 1968er Jahren, einer Zeit, in der die Klassische Archäologie und der altsprachliche Unterricht generell einen schweren Stand hatten.“ (mündl. Auskunft E. Hensen, 24.7.2024).

Spezialistin für antikes Glas

Schwarz-weiß-Fotografie einer Raumansicht fünf im Halbkreis angeordneten Vitrinen. In der Mitte steht an einer Wand "Frühes Glas der Alten Welt".

Abb. 8: Ausstellung zum antiken Glas 1994.

Margret Honroth realisierte Sonderausstellungen. Die wichtigste war 1994 jene zum „Frühen Glas der Alten Welt“ (Abb. 8) anlässlich der von ihr mit initiierten Erwerbung der Sammlung Ernesto Wolf. Über ihre Pensionierung im Jahr 2002 hinaus erforschte und publizierte sie die Glassammlung aus dem Altbestand des Landesmuseums.

Die Mittelalter-Archäologin Rotraut Wolf

Rotraut Wolf (geb. 16.7.1936 ) (Abb. 2) machte nach dem Abitur an der Freien Waldorfschule in Stuttgart eine Ausbildung zur Dolmetscherin. 1958 nahm sie ein Studium der Alten Geschichte und Englisch an den Universitäten München und Wien auf. 1964 promovierte sie über „Die Soldatenerzählungen des Kleitarch bei Quintus Curtius Rufus“. 1965 volontierte sie am Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart. Im Anschluss daran war sie Assistentin am Vor- und Frühgeschichtlichen Institut der Universität Freiburg. Anschließend trat sie mit verschiedenen Verträgen in den Dienst des Württembergischen Landesmuseums ein und wurde – wie Margret Honroth – 1972 verbeamtet.

Die Alamannen-Spezialistin

Foto von mehreren Waffen, Helmen und anderen Gegenständen in einer Vitrine vor grünem Hintergrund.

Abb. 9: Dauerausstellung zum Frühmittelalter bis 2010.

Rotraut Wolf betreute die umfangreichen, in ihrer Qualität ausgezeichneten frühmittelalterlichen Sammlungen mit Objekten aus dem 3. bis 8. Jahrhundert. Direktor Claus Zoege von Manteuffel (Abb. 3) beschrieb 1979 ihre Aufgabenbereiche (Abb. 10–11) und ihr geschätztes Wesen. Er verwies auf die „ausgezeichneten Kenntnisse“ von Rotraut Wolf in diesem Fachgebiet. Sie habe die 1978 eröffnete Neuaufstellung dieser Sammlungen „selbständig mit großem Geschick und Verantwortungsbewusstsein“ in ästhetisch und didaktisch sehr ansprechender Präsentation durchgeführt. Vom Publikum und von der internationalen Kollegenschaft werde sie hoch geschätzt. Des Weiteren verwies Zoege von Manteuffel auf den großen Einsatz von Rotraut Wolf „in und außerhalb des Hauses in Führungen, Vorträgen, Beratungen, Wechselausstellungen“. Er erwähnte auch ihre „stets höfliche, aufgeschlossene Umgangsweise“, die sie zu einer geschätzten Kollegin habe werden lassen. (Archiv LMW, Dokument vom 3.4.1979)

Augenmerk auf Inklusion

Ungeachtet ihres Eintritts in den Ruhestand 2001 führte Rotraut Wolf das von ihr ins Leben gerufene, damals so genannte Projekt „Führungen für behinderte Menschen“ weiter und warb Gelder für dieses Sonderformat ein.

Foto von zwei Frauen, die auf dem Boden knien und mit Klebeband große Platten verkleben.

Abb. 10: Rotraut Wolf (rechts) 1991 beim Aufbau der Präsentation der Funde aus Oberflacht in der Dürnitz im Alten Schloss.

Ein Leben für Beruf und Berufung

Verhältnismäßig spät wurden mit Margret Honroth und Rotraut Wolf ab Ende der 1960er Jahre Archäologinnen am LMW angestellt. Beide wurden zügig zu Museums-konservatorinnen berufen und erhielten dadurch eine beruflich-finanzielle Sicherheit. Das war in diesen Jahren nicht selbstverständlich für Wissenschaftlerinnen. Oft mussten sich in der Forschung tätige Frauen mit Zeitverträgen über Wasser halten.

Beide Archäologinnen verschrieben ihr Leben ihrem Beruf, der zugleich Berufung war, und ihrem Wirken am Museum. Sie waren in ihrem jeweiligen Referat verantwortlich für (damals noch übliche) Ankäufe auf dem Kunstmarkt und Neuzugänge aus Ausgrabungen, für den Aufbau, die Publikation und museale Präsentation der jeweiligen Sammlung.

Margret Honroth war nicht verheiratet, hatte keine Kinder und zog nach dem Eintritt in den Ruhestand 2002 zurück in ihre Studienstadt Bonn. Rotraut Wolf blieb ebenfalls kinderlos, heiratete 1994 und verbringt ihren Ruhestand in Stuttgart.

Die Sonderausstellung Ein gut Theil Eigenheit. Lebenswege früher Archäologinnen endet am 9.3.2025. Zum Weltfrauentag am 8.3.2025 gibt es kostenlose Führungen um 11.00 und 15.00 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Abbildungsnachweise und Nutzungsbedingungen

Abb. 1-5, 7-8: Landesmuseum Württemberg, Bildarchiv (CC BY-SA 4.0)
Abb. 6, 9: Landesmuseum Württemberg, H. Zwietasch (CC BY-SA 4.0)
Abb. 10: Landesmuseum Württemberg, P. Frankenstein/H. Zwietasch (CC BY-SA 4.0)

 

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